Christliche Kunst in Bulgarien
Assen Tschilingirov
I. Ursprünge
- Malerei 20
- Mosaik 21
- Bauplastik 21
- Ausklang 24
Zeichnungen:
o Die Balkanhalbinsel in der Antike 12
o Sofia, Basilika in Losenez, spätes 4. Jh. 14
o Buchovo, Basilika, Anfang des 5. Jh. 15
o Nessebar, Alte Metropolitenkirche, Mitte des 5. bis 7. Jh. 15
o Varna, Basilika Pirintsch-tepe, 4./5. und spätes 8. Jh. 16
o Nessebar, Basilika am Meer, zweite Hälfte des 6. Jh. 16
o Pirdop, Eliaskirche, 5./6. Jh. 16
o Sofia, Sophienkirche, zweite Hälfte des 5. Jh. Axonometrie (Rekonstruktion) 17
o Varna, Basilika Dshanavar-tepe, spätes 5. Jh. 18
o Ivanjane, frühchristliche Kirche, spätes 5. Jh. 18
o Sebastopolis bei Peruschtiza, Rote Kirche, Anfang des 6. Jh. Axonometrie (Rekonstruktion) 19
o Sofia, Antike Nekropole, Grabkammer Nr. I, Anfang des 3. Jh. Innenraum nach Osten 20
o Sofia, Antike Nekropole, Grabkammer Nr. 4, Anfang des 5. Jh. Fresko 20
o Sofia, Friedhofskirche unter der Sophienkirche, Anfang des 4. Jh. Grundriß mit dem Bodenmosaik 21
o Veliko Tirnovo, Basilika unter dem Palast am Zarevez, 6 Jh. Chorschranke (Rekonstruktion) 22
Ursprünge
Die gewaltige Ausdehnung des Imperium Romanum um die Zeitenwende führte auch zur Eingliederung der letzten von thrakischen Volksstämmen besiedelten Gebiete auf der Balkanhalbinsel. Nachdem im Jahre 148 v. Chr. auf den Trümmern des einst ruhmvollen Reichs Philipps II. und Alexanders des Großen die Provinz Macedonia gegründet worden war, folgten um die Jahre 15 und 46 n. Chr. die Provinzen Moesia und Thracia zu beiden Seiten des Balkangebirges, die letzten diesseits des Limes - der Staatsgrenze, die für mehrere Jahrhunderte die römische Zivilisation von den Barbaren der »unzivilisierten« Welt trennen und als Symbol für die Macht des Imperiums dienen sollte.
Die Erschließung dieser Gebiete für die Kultur der Antike erfolgte jedoch lange zuvor. Bereits im 8. vorchristlichen Jahrhundert besiedelten die ersten Kolonisten von Megara und Chalkis die nordägäische und westliche Schwarzmeerküste und gründeten auf thrakischem Boden während der folgenden Jahrhunderte die ionischen und dorischen Kolonien Abdera, Apollonia Pontica, Anchialos, Mesembria, Odessos, Dionysopolis, Bizone, Callatis, Tomoi und Histros. In der Zeit der größten wirtschaftlichen Blüte dieser Kolonien, die vor allem ins 4. Jahrhundert v. Chr., nach den Persischen Kriegen, fällt, wurden auch im gesamten Bereich der Kultur und Kunst im weiten Kreis der griechischen und hellenistischen Antike beträchtliche Leistungen vollbracht. Allmählich wurde in diesen Kulturkreis auch das Innere der Halbinsel einbezogen, auf dessen Bevölkerung andererseits zugleich in nicht geringem Umfang die Kultur und Kunst Vorder- und Mittelasiens einwirkten, die durch Vermittlung des Iran und der Nomadenvölker aus den nordöstlich angrenzenden Steppengebieten in das Land eindrangen. Hier deutete sich bereits in der Morgendämmerung der europäischen Kultur für den Zentralteil des Balkans eine Vermittlerrolle zwischen den beiden Kulturkreisen - dem griechisch-antiken und dem asiatischen - an. An einem wichtigen Kreuzweg gelegen, der Nord und Süd, Ost und West miteinander verband, blieb der Balkan als Grenzgebiet der europäischen Zivilisation bis zum Ausgang des Mittelalters gleichermaßen den Einflüssen beider Kunstströmungen ausgesetzt und entwickelte eine durch eigene Prägung gekennzeichnete Kultur.
Die günstigen geographischen Bedingungen in den Zentralgebieten der Balkanhalbinsel führten schon am Ende der Eiszeit zu einer dichten Besiedlung. Die weiten, fruchtbaren Ebenen beiderseits des Balkangebirges, von mehreren Strömen durchflossen, die in die Donau, in das Schwarze und das Ägäische Meer münden, sowie die von großen Bergmassiven beschützten Hochebenen im Süden, die sich mit den Tälern der Flüsse Vardar, Struma, Mesta und Mariza zum Mittelmeer hin öffnen, boten alle Voraussetzungen für Ackerbau und Tierzucht; sehr früh entwickelten sich hier auch Handelsverbindungen bis nach Mittelasien und dem Nahen Osten.
Als erste historisch nachweisbare Bewohner dieses Landes, in denen manche Forscher heute auch seine autochthone Bevölkerung vermuten, gelten die Thraker, ein Volk europäischer Abstammung, »nach dem indischen das größte aller Völker«, wie Herodot schrieb. Diesem in zahlreiche Stämme zersplitterten Volk gelang jedoch keine dauernde Staatsbildung. Der einzige große Stammesverband, das Reich der Odrysen, im 5. Jahrhundert v. Chr. gegründet, konnte seine Selbständigkeit gegenüber den Mazedoniern, den Kelten und Bastarnern trotz großer Anstrengungen nicht behaupten und ging schließlich in der römischen Provinz Thracia auf.
Die thrakische Kultur steht in engem Zusammenhang mit den frühen Kulturen des östlichen Mittelmeerraums und des Vorderen Orients, besonders in der Bauart der Megalithgräber und Grabhügel sowie in der kunstvollen Verarbeitung der Edelmetalle. Bereits Homer bewunderte die Kampfwagen der thrakischen Krieger, »reich mit Gold und Silber verziert«, und ihre Waffen, »golden und schwer, der Götter würdig«. Während ihrer Blütezeit (6.-3. Jh. v. Chr.) festigte sich die Bindung der thrakischen Kunst an die Kunst des vorderasiatischen Kulturkreises, dessen stark stilisierte, phantastische Darstellungen in allen Kunstgattungen auftraten und in die lokale Kunsttradition als fester Bestandteil eingingen. In den letzten Jahrhunderten des Imperium Romanum löste sich auch die Kultur der Thraker weitgehend in der griechisch geprägten Kultur der östlichen Reichshälfte auf und behielt nur wenige eigene Charakterzüge - hauptsächlich in der an stilisierten Tierdarstellungen reichen Ornamentik und dekorativen Plastik.
Der Beginn der neuen Ära zeichnet (?) sich durch zwei Ereignisse von außerordentlicher Tragweite für die Geschichte aus: die Entstehung einer neuen Gesellschaftsordnung - des Feudalismus - und einer neuen Religion - des Christentums. Das Christentum verdrängte den leblosen Synkretismus der antiken Welt durch neue Ideen. Es übernahm für den langen Zeitraum der Spätantike
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und des Mittelalters die wichtigste formende und sinnbildende Rolle in der Kultur; von ihm gingen die entscheidenden Impulse im Werdegang der europäischen Kunst und Architektur aus.
Die Ausbreitung des Christentums setzte auf dem Balkan unmittelbar nach der römischen Invasion ein. Bereits im Jahr 48, zwei Jahre, nachdem die gesamte Halbinsel unter römische Verwaltung gestellt worden war, begann die Missionsreise des Apostels Paulus, die ihn durch mehrere Städte der Provinz Macedonia führte, während der Apostel Andreas in Thracia bis in die entlegensten Grenzgebiete im nordöstlichen Teil der Balkanhalbinsel, in das »Land der Skythen«, kam, um das Evangelium zu predigen. Dem Christentum gelang es in kurzer Zeit, seine Anhängerschaft zu vergrößern und fest zu organisieren. Die ersten christlichen Gemeinden entstanden schon während der Missionsreisen der Apostel Paulus und Andreas, und ihre Anzahl unter der hellenisierten städtischen Bevölkerung der Balkanprovinzen wuchs schnell, ebenso auch die Zahl der Märtyrer. Den hagiographischen Quellen zufolge sollen bereits im 1. und 2. Jahrhundert in Philippopolis (Plovdiv), Beroe (Stara Sagora), Odessos (Varna), Serdica (Sofia), Philippi, Thessaloniki, Debelt und Beroea (Veria) christliche Gemeinden existiert haben. Nach dem Dreikaiseredikt von 380, in dem das Christentum zur einzigen legalen Religion erklärt wurde, waren die meisten Städte und wichtigsten Stützpunkte der römischen Legionen in den Balkanprovinzen Bischofssitze, die den Metropoliten in Thessaloniki, Marcianopolis, Serdica und Adrianopolis unterstellt wurden. Die zunehmende Geltung dieses Gebietes im religiösen Leben des frühen Christentums läßt sich an der ständig steigenden Zahl der Vertreter aus den Balkanprovinzen bei den ökumenischen Konzilien ablesen, einschließlich der großen Synode von Serdica (342).
Es ist kein Zufall, daß die Missionsreise des Apostels Paulus nach der Balkanhalbinsel über die ägäische Insel Samothrake führte, die mit ihren Heiligtümern Mittelpunkt einer der bedeutendsten mystischen Lehren des Altertums, des Kabirenkultus, war, dem die neue Religion - ebenso wie der Orphik und dem Mithraskult - in gewisser Weise Rechnung tragen mußte. Innerhalb des im ganzen Römischen Reiche herrschenden Synkretismus spielten diese auf dem Balkan stark verbreiteten mystischen Lehren in den nächsten Jahrhunderten eine wichtige Rolle und fanden großen Widerhall in der christlichen Gnosis, die sich als Mysterienreligion - als mystische Lehre und Praxis einer ausgewählten Minderheit - der Volksreligion widersetzte.
Diese mystische Tradition in Thrakien machte sich bereits zu Beginn der Ausbreitung des Christentums bemerkbar und bildete ein Kennzeichen der meisten religiösen Strömungen auf dem Balkan im ganzen Mittelalter. Schon während der ersten ökumenischen Konzilien ergaben sich bedeutende Differenzen, die zum großen Teil auf beiden Grundlinien in der christlichen Lehre und Praxis - Mysterienkirche und Volksreligion - zurückzuführen waren. Obgleich von der orthodoxen Kirche abgelehnt und verurteilt, blieben die mystischen Lehren in der einen oder anderen Form - von der Markioniten- und Paulikianerlehre bis zum Bogomilentum und Hesychasmus - auf dem Balkan bestehen, was immer wieder zu neuen Konflikten mit der offiziellen Orthodoxie führte.
Die dem großen Aufschwung des Imperium Romanum folgende innere Krise - die Krise der sich zersetzenden Sklavenhaltergesellschaft - machte sich seit dem Beginn des 3. Jahrhunderts immer deutlicher bemerkbar. Die gleichzeitig an seiner Nordostgrenze einsetzenden Barbareneinfälle eröffneten einen neuen Abschnitt in der Geschichte - die Zeit der Völkerwanderung. Wenn auch die ersten Einfälle der Goten in den Jahren 238, 250 bis 251 und 269-270 noch mit Erfolg zurückgeschlagen werden konnten, sah sich Kaiser Aurelian im Jahr 275 doch zum Rückzug hinter den Limes und zur Freigabe aller davor liegenden Gebiete veranlaßt. Nördlich des Balkangebirges wurden anstelle der aufgegebenen Provinz Dacia zwei neue Provinzen, Dacia Ripensis und Dacia Mediterranea gebildet und militärisch stark ausgebaut. Die kritische Lage der Ostprovinzen wurde für fast ein Jahrhundert stabilisiert.
Die Teilung des Imperium Romanum in ein Oströmisches und ein Weströmisches Reich im Jahre 395 hatte schwerwiegende politische und kulturhistorische Folgen; sie trug entscheidend zur Abgrenzung und schließlich zur Trennung des östlichen Christentums von dem abendländischen bei. Diese Teilung bereitete auch den Boden für das Oströmische Reich, das spätere Byzanz, das sich lebensfähiger und zäher als das weströmische Staatsgebilde erwies. Die Verlagerung des politischen und ökonomischen Schwergewichts nach Osten steigerte die strategische Bedeutung der Balkanprovinzen, die nunmehr als unmittelbares Hinterland der neuen Hauptstadt Konstantinopel in ihren engeren Kulturkreis einbezogen wurden. Bereits zuvor entwickelten sich mehrere, ursprünglich als Stützpunkte der römischen Legionen errichtete kaiserliche Gründungen, wie Augusta Trajana (Stara Sagora), Nikopolis ad Istrum und Novae, zu bedeutenden Kulturzentren, während andere alte Siedlungen, wie Ulpia Serdica (Sofia) und Diokletianopolis (Hissar), als Residenzstädte gewaltige Befestigungsanlagen und prächtige Repräsentationsbauten erhielten.
Um die Wende zum 5. Jahrhundert erwuchs die äußere Gefahr von neuem. Die Befestigungen an der Donau konnten die Goteneinfälle nicht mehr aufhalten. Auch die Hunnen durchbrachen mehrmals den Limes, verwüsteten das Land und zerstörten die meisten Festungen nördlich des Balkangebirges. Die Konsolidierung der Nordostgrenze und der Wiederaufbau der Befestigungsanlagen durch Justinian I. (527-565) waren nur von zeitlich begrenzter Wirkung. Seit Mitte des 6. Jahrhunderts drangen volkreiche slawische Stämme auf den Balkan vor und besiedelten innerhalb weniger Jahrzehnte die ganze Halbinsel nördlich des Peloponnes. Dem antiken Zeitalter war damit ein Ende gesetzt. -
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Das Werden der christlichen Kunst stellt einen langwierigen, mehrfach abgestuften Prozeß dar. Wie das komplizierte System der christlichen Lehre und Liturgie Ergebnis einer langen Entwicklung war, so vollzog sich auch die Entwicklung der christlichen Kunst schrittweise innerhalb von fünf Jahrhunderten, wobei sich zwei Hauptphasen unterscheiden lassen, die durch die Annahme des Christentums als Staatsreligion getrennt sind.
Innerhalb der ersten Phase bewegte sich die christliche Kunst eher im Bereich der Volkskunst. Eine unzureichende ökonomische Basis ließ kaum bedeutende Kunstwerke entstehen. Die ersten christlichen Gemeinden begnügten sich mit einer in ihrem Wesen und ihrer Form sehr bescheidenen, zweckgebundenen Kunst, deren Formenwelt und Symbolsprache von der antiken und hellenistischen Kunst entlehnt waren. Sie bediente sich in weitem Umfange des Bildprogramms und der Ikonographie anderer synkretistischer Kulte - zum Beispiel der Kulte der Bendis und des thrakischen Heros, (Abb. 2,3) deren von Votivreliefs stammende Ikonographie für die Darstellungen der christlichen Reiterheiligen und Oranten modellhaft und typenbildend wirkte.
Nach seiner Anerkennung entfaltete sich das Christentum nunmehr als Reichskirche, der große finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die christliche Kunst sprengte den Rahmen der antiken Überlieferung und entwickelte nach und nach ihre eigene Formen- und Symbolsprache, wobei die stärksten Impulse von der Entfaltung der Liturgie und ihrer Symbolik ausgingen. Anstelle der bescheidenen Kultstätten und Sepulkralbauten, die den geringen Ansprüchen der ersten christlichen Gemeinden entsprachen, entstanden in einer Phase reger Bautätigkeit unter Konstantin dem Großen (324 bis 337) und besonders unter Justinian I. (527-565) prachtvolle repräsentative Basiliken im ganzen Oströmischen Reich, deren Monumentalität und Glanz auch später in seltenen Fällen wieder erreicht werden konnten. Entgegen der ablehnenden Haltung, mit der die Kirchenväter ursprünglich jeder figürlichen Darstellung begegneten, setzte sich das Kultbild und dessen Verehrung weitgehend durch und fand starke Verbreitung, die auch die Krise des Bilderstreits (730-842) überdauerte.
Die sensualistische Ästhetik der Antike wurde von einer spiritualistischen Ästhetik verdrängt. Gegenüber der Auffassung vom Menschen als Zentrum des Universums setzte sich, anlehnend an die neoplatonistischen Vorstellungen, eine neue Weltanschauung durch, wonach dem Menschen, als letztem Glied eines komplizierten hierarchischen Systems, eine vergleichsweise bescheidene Rolle zugeteilt wurde. Als Endziel, das dem Vollkommenheitsstreben des antiken Schönheitsideals entgegengesetzt ist, erschien die Erlösung aus den Ketten der sinnlichen Welt und die Erkenntnis der übersinnlichen Welt, die - nach der christlich-orthodoxen Lehre - nur in der meditativen Versenkung des Gebets und während des Vollzugs des liturgischen Mysteriums gewonnen werden kann. Die sinnliche Welt selbst wurde als ein Abbild der übersinnlichen, transzendenten Welt angesehen, wo die äußere Form nur soviel zu bedeuten hatte, wie sie als Sinnbild auszudrücken vermochte. Dem Sinnbild wurde die Bedeutung des mächtigsten Vermittlers zwischen der sichtbaren und unsichtbaren, der sinnlichen und übersinnlichen Welt beigemessen.
Dieser ästhetischen Theorie entsprechend, die ihre Vollendung erst nach dem Bilderstreit erreichte, entwickelte die christlich-orthodoxe Kunst ein kompliziertes System von Formen und Symbolen des komplexen Bildprogramms, das sich in der Einheit aller Monumentalkünste zu verwirklichen begann. Die Symbolsprache breitete sich auf alle Gattungen der Kunst und Architektur aus. Den einzelnen Teilen und Räumen der Kultstätte wurde ein bestimmter symbolischer Sinn beigelegt, so daß ihre Beziehung untereinander, im Einklang mit den konstruktiven Prinzipien der Bauwerke, die Harmonie der in einem strengen hierarchischen System geordneten transzendenten Welt widerspiegelte. Die von einem Sensualismus geprägten antiken Vorbilder der frühchristlichen Malerei und Plastik wurden allmählich ihrer materiellen Substanz entkleidet und in transzendentale Formen - Sinnbilder abstrakter Ideen und Begriffe - umgewandelt. Trotz dieses betonten Transzendentalismus, dessen Bedeutung für die christliche Kunst hauptsächlich in den ostbyzantinischen Provinzen während der nachantiken Epoche ständig wuchs, blieb die Darstellung der menschlichen Figur in der Malerei und Plastik des Balkans im Vordergrund. Sogar in der Zeit des Bilderstreits, als die figurlose Darstellung auch in Konstantinopel ein Übergewicht besaß, setzte sich die bilderfreundliche Tradition auf dem zentralen Balkan fort. Dieser Antropomorphismus, der die christliche Kunst auf dem Balkan vom Christlichen Osten eindeutig trennte, hatte seine Hintergründe sowohl in der starken antiken und hellenistischen Kunsttradition als auch in der Lehre vom inkarnierten Logos, die hier nicht die abstrakte Form der im Christlichen Osten verbreiteten nestorianischen Lehre angenommen hatte. Die hellenistische Tradition bewahrte auch die Formen vor ihrer totalen Geometrisierung, ebenso wie die überlieferte illusionistische Technik eine extreme Verflachung der dreidimensionalen Form verhinderte.
Die Entwicklung der frühchristlichen Kunst blieb auch nach der Teilung des Römischen Reiches im Westen und Osten uneinheitlich. Die Existenz mehrerer Kunstzentren im Oströmischen Reich, wie Antiochia, Alexandrien und Jerusalem, die über alte Kunsttraditionen verfügten und der Hauptstadt Konstantinopel die Priorität streitig machten, erklärt das Auftreten unterschiedlicher Stilrichtungen. Eine ausschlaggebende Rolle spielten in diesem Zusammenhang auch die verschiedenen Auffassungen über die christliche Lehre und die Unterschiede in der Liturgie, die ihre Reflexe in der bildenden Kunst wie in der Architektur fanden.
Auf dem Balkan selbst traten während der Nachantike verschiedenartige Auffassungen von christlicher Kunst hervor, die den zwei Hauptlinien der Entwicklung entsprachen.
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Die Balkanhalbinsel in der Antike
Die erste Stelle behauptet die traditionelle Stilrichtung, die ihren Ursprung im Christlichen Osten - Syrien und Palästina - hatte und bereits mit der frühzeitigen Einführung des Christentums vermittelt wurde. Sie überlieferte dem Balkan sowohl die Formen als auch die Symbolsprache des Ursprungslands der christlichen Lehre und Symbolik. Diese Stilrichtung hatte in weitesten Kreisen Aufnahme gefunden und blieb mit ihren Kunstformen als Kennzeichen der Beständigkeit, Widerstandsfähigkeit und Kontinuität der Tradition bis zum Ausgang des Mittelalters bestehen. In der Vorstellung der Bevölkerung tief verwurzelt, nahm sie während der postbyzantinischen Zeit am Ausgang des Mittelalters endgültig die Gestalt einer folkloristischen Strömung an, deren traditioneller Formenkanon immer wieder von der urwüchsigen Lebendigkeit des Volkskunstschaffens befruchtet wurde.
Die zweite Richtung war mit der hauptstädtischen byzantinischen Kunst Konstantinopels verbunden und wurde durch eine wesentlich geringere Zahl an Kunstwerken vertreten. Trotz bedeutender Leistungen, die sie im einzelnen aufzuweisen vermochte, und Neuerungen in Form und Inhalt, die wichtige Anstöße für die weitere Kunstentwicklung vermittelten, blieb sie im Zentralteil der Balkanhalbinsel ziemlich isoliert und ohne große Bedeutung.
Von wenigen, hauptsächlich importierten Kunstwerken oder Schöpfungen nichteinheimischer Baumeister und Künstler abgesehen, zeigten sich die Einwirkungen des Christlichen Ostens und Konstantinopels auf den Balkan nie in einer reinen Form. Sie brachten nicht die fertigen Modelle, sondern Impulse, die von den einheimischen Künstlern aufgenommen und schöpferisch verarbeitet wurden. In der Nachantike stellte die Diözese Thracia, zusammen mit den östlichen Provinzen der Präfektur Illyricum, die kulturhistorisch eine Einheit bilden, selbst ein schöpferisches Kunstzentrum dar, dessen Rolle im Werden und Wesen der christlichen Kunst sowohl auf dem Gebiet der Architektur als auch in der Plastik und Malerei überaus wichtig ist. Die Bedeutung der hier entstandenen Kunstwerke ging oft über die lokalen Grenzen hinaus, besonders während der Herausbildung der Ikonographie nach dem Bilderstreit und bei der Entwicklung des Bautypus der Kuppelbasilika.
Architektur
Im Zentralteil der Balkanhalbinsel, wie auch im ganzen Oströmischen Reich, folgte die Architektur während der frühchristlichen Epoche den Vorbildern des Christlichen Ostens. Sie fußte auf dem Erbe der lokalen Bautradition, verfügte aber gleichzeitig über ein umfangreiches Repertoire architektonischer Formen der syrischen und armenischen Baukunst, deren Rezeption einen komplizierten schöpferischen Prozeß darstellt, bei dem die thrakischen Provinzen eine wichtige Rolle spielten. Hier traten mehrere reich variierte Grundtypen hervor, die sich fortwährend entwickelten, ohne in der bloßen Wiederholung weniger Bautypen zu erstarren, wie es in anderen Kunstlandschaften der Fall ist.
Unter den Bautypen der frühchristlichen Architektur nimmt die Basilika den ersten Platz ein. Sie hatte im Zentralteil des Balkans bereits eine eigene Vorgeschichte und damit eine größere Bedeutung als im Christlichen Osten und blieb bis ins hohe Mittelalter die bevorzugte Bauform, deren Entstehung als Ergebnis der Tätigkeit lokaler Bauschulen auf dem Fundament der hellenistischen und griechisch-römischen Tradition aufzufassen ist. Ihre Entwicklung vollzog sich trotz des beharrenden Konservatismus der christlichen Baukunst. Die basilikale Form war während der Spätantike und des frühen Mittelalters einem ständigen Wandlungsprozeß ausgesetzt, der sowohl von der Entwicklung der Liturgie als auch von gesellschaftlich-ökonomischen und ästhetischen Bedingungen mitbestimmt wurde. Das von der hellenistischen und griechisch-römischen profanen Kunst entliehene Grundschema veränderte sich langsam. Es wird vermutet, daß eine Reihe frühchristlicher Basiliken in Bulgarien aus vorchristlicher Zeit stammen und nur durch geringfügige Umbauten für den christlichen Kultus nutzbar gemacht worden sind. Nach und nach wurden jedoch Funktionen und Proportionen miteinander in Einklang gebracht und das Ganze durch eine einheitliche Konzeption verbunden, wobei funktionelle und ästhetische Momente eine ebenbürtige Rolle spielten.
Das wichtigste Kompositionsprinzip der Innen- und Außengestaltung der frühchristlichen Basilika ist die axiale Gliederung des Baus. Außer der Hauptapsis hat der Innenraum kein zweites optisches und formales Zentrum aufzuweisen. Die Tiefenwirkung des langgestreckten Gebäudes wird durch die rhythmische Reihenfolge der mit einem leichten Architrav verbundenen Säulen betont. Die Aufgabe des Baumeisters lag darin, zwischen den in ihrer Substanz, Form und Bedeutung unterschiedlichen Elementen - dem Hauptschiff, dem Altarraum, den Seitenschiffen, Vorhallen und Nebenräumen - optimale Verhältnisse zu finden. Dementsprechend waren die Proportionen zwischen diesen einzelnen Teilen der Basilika während der Spätantikc einer großen Wandlung unterworfen. Dabei zeigten sich zwei Tendenzen: die erste, die mit der hellenistischen Tradition des ganzen Mittelmeerraums verbunden war und eine Betonung der Tiefenwirkung anstrebte, sowie die zweite, durch die neue Gedankenwelt des östlichen Christentums bedingt, welche die Ausgewogenheit des Bauwerks zu erreichen suchte und in Richtung des Zentralbaus wies. Die erste Tendenz blieb für die christlichen Bauten des Abendlandes im ganzen frühen Mittelalter bis in die Romanik maßgebend, während die zweite in der Herausbildung des byzantinischen Kuppelbaus ihre Krönung erfuhr. Der Balkan blieb den Einflüssen dieser beiden Entwicklungstendenzen ausgesetzt, spielte dabei jedoch keine passive Rolle und übernahm nicht einfach fertige Lösungen und Modelle. Die Durchdringung beider Richtungen der christlichen Architektur führte hier seit dem 9. Jahrhundert unter der Einwirkung neuer Komponenten zur
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Schaffung eines selbständigen Kunstgebildes, das zu einer der bedeutendsten Erscheinungen der christlichen Baukunst zählt und bis zum Ausgang des Mittelalters zur Geltung kam.
Die Wandlung des basilikalen Bautypus im Zentrum des Balkans bis zum 7. Jahrhundert war nicht von der regionalen Gliederung innerhalb dieses Gebietes abhängig: Gleiche Bauformen erscheinen oft in weit voneinander entfernten Regionen, während an einem Orte häufig unterschiedliche Bauformen zu finden sind. Die Basiliken des 4. Jahrhunderts zeigen die für den Mittelmeerraum charakteristischen Merkmale des hellenistisch-römischen Bautypus: gewaltige dreischiffige Bauten mit langgestrecktem Naos, großer halbrunder Apsis, ungegliederten Vorhallen und einfachem Altarraum; die hölzerne Dachkonstruktion wurde von Säulen mit Architraven getragen. Sowohl von außen als auch von innen zeichnen sich diese Basiliken durch Schlichtheit und Monumentalität aus - die Fassaden, wie die Innenwände, sind glatt und ungegliedert. Zu den bedeutendsten Bauten aus dieser Zeit innerhalb der heutigen Grenzen Bulgariens, die meistens nur in ihren Fundamenten mit geringen Teilen der Mauer erhalten sind, zählen die Basiliken in Cabile (Jambol), Zapara (Sandanski), Nr. 3 und 4a in Diokletianopolis, Nr. 2 in Tschatalar (Zar Krum) sowie die 46 x 28 m große Basilika in Storgosia (Kajlika bei Pleven). Gewisse Einflüsse des Christlichen Ostens sind schon in dieser frühesten Phase festzustellen: die hufeisenförmige Apsis der Basilika Nr. 4a in Diokletianopolis, die elliptische Apsis in Tschatalar und die geräumigen Pastophorien seitlich der Apsis in der Basilika in Losenez, Sofia, deren Ostteil seine Parallele in einer Reihe syrischer Bauten besitzt.
Die Bautechnik folgt im zentralen Teil des Balkans während der Nachantike der lokalen Tradition. Der Backstein- und Hausteinbau wie auch opus mixtum sind bereits während der ganzen vorchristlichen Antike zu finden, wobei opus mixtum in römischer Zeit bevorzugt wurde, aber auch bis ins späte Mittelalter häufige Verwendung fand. Der Backsteinbau auf steinernem Sockel, den die hellenistische Baukunst des Balkans aus dem Nahen Osten am Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. übernommen hatte, findet sich seltener. In dieser Bautechnik sind - zuweilen unter Anwendung von Stein für die tragenden Bauteile - thrakische und römische Profan- und Sakralbauten errichtet, darunter die Georgsrotunde in Sofia sowie mehrere Grabkammern, wie das Meisterwerk der thrakischen Baukunst - das Mausoleum bei Anchialos (Pomorie) (Abb. 4,5). Im Gegensatz zum Backsteinbau und opus mixtum kommen die unterschiedlichen Varianten des Steinbaus während der Nachantike relativ selten vor, sind jedoch ebenfalls traditionsbedingt und haben ihre Vorbilder in den antiken Profanbauten und Befestigungsanlagen im Inneren der Balkanhalbinsel und in den griechischen Kolonien am Schwarzen Meer.
Sofia, Basilika in Losenez, spätes 4. Jh.
Für die weitere Entwicklung des basilikalen Bautypus im Zentralteil des Balkans ist die allmähliche Verdrängung des Architravs durch die Arkade kennzeichnend. Gleichzeitig verliert die Säulenbasilika gegenüber der Pfeilerbasilika an Gewicht, wobei die erstere vereinzelt bis ins hohe Mittelalter auftritt. Die Ersetzung der Säulen durch Pfeiler bedingt ein ganz neues Raumverhältnis. Anstelle der entmaterialisierenden, von schlanken Säulen getragenen leichten Architrave, welche die räumliche Geschlossenheit auflösen, tritt die durch schweres Mauerwerk bestimmte lastende Raumgestaltung. Dieser spezifischen Raumwirkung haben weder Rom noch Konstantinopel Ähnliches gegenüberzustellen. Vielmehr ist hier das Vorbild des Christlichen Ostens zu spüren - wenn auch auf anderer Grundlage und mit anderen Mitteln, da weiterhin der Backsteinbau und opus mixtum die traditionellen Bautechniken bleiben, während der Steinbau nur in Ausnahmefällen vorkommt. Gleichzeitig haben wir es hier mit mehreren Varianten des Grundtypus zu tun, die sich in der Gestaltung des Altarraums und des Narthex sowie in der Proportion der einzelnen Teile unterscheiden. Unter den an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert entstandenen Basiliken, die eine stärkere Bindung an die Tradition aufweisen, ragen die Kirchen in Buchovo, Pautalia (Kjustendil), die Basiliken Nr. 1 und 2 in Novae sowie Nr. 1 in Jatrus hervor. Die Mannigfaltigkeit ihrer Formen und Proportionen zeigt, daß auch hier kein fester Bautypus übernommen worden ist, sondern daß die christliche Architektur eine alte Bautradition fortsetzt, deren Ursprünge in die antik-hellenistische Kultur zurückreichen. Diese Tradition wird in den einzelnen Fällen höchst unterschiedlich aufgenommen: Einwirkungen von außen werden nicht immer in gleicher Weise und Intensität berücksichtigt.
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Eine weitere Gruppe bilden die Basiliken des 5. und frühen 6. Jahrhunderts, bei denen der Altarraum immer noch ungegliedert bleibt, während sich im Narthex, oder seitlich von ihm, besondere Räume oder Anbauten herausbilden, die die Aufgaben des Diakonikons und der Prothesis übernehmen. Bei den Stützen handelt es sich meistens um Pfeiler, doch zum erstenmal erscheint auch einfacher Stützenwechsel bei der Basilika in Aptaat (Abrit). Vom 5. Jahrhundert an ist eine Verkürzung des Naos zu beobachten, während das Hauptschiff breiter und die beiden Seitenschiffe schmaler werden. Diese Tendenz, die in anderen Teilen der Balkanhalbinsel noch deutlicher hervortritt, stößt allerdings auf eine gegenläufige Tendenz im zentralen Balkan, wo Basiliken in Einzelfällen auch weiterhin den langgestreckten Naos beibehalten. Seit der Mitte des 6. Jahrhunderts werden statt der bis dahin halbrunden Apsiden hauptsächlich solche mit polygonalem Äußeren errichtet, die sehr nachdrücklich den Umriß der Bauten betonen. Das Äußere zeigt eine kristalline, von der polygonalen Apsis und den flankierenden Anbauten noch stärker betonte Form, im Unterschied zu dem weichen östlichen Apsisoval der langgestreckten Bauten des 4. Jahrhunderts; die Anbauten durchbrechen endgültig die einheitliche Form des Ganzen, während die wuchtig-massiven Mauern an der Westfassade allmählich eine Gliederung aufzuweisen beginnen. Diese Gruppe ist in Bulgarien am stärksten vertreten - zu ihr gehören die Basiliken in Galata bei Varna, Sliven, Nr. 5, 6, 7, 8 und 9 in Diokletianopolis, Kostenez, Ljutibrod und die erst kürzlich wissenschaftlich untersuchte Basilika unter dem Zarenschloß in Zarevez, Veliko Tirnovo. Das bedeutendste und am besten erhaltene Beispiel ist die Alte Metropolitenkirche in Mesembria (Abb. 32, 33), an der sich auch die Besonderheiten der lokalen Schule am deutlichsten ablesen lassen: Trotz vieler Ähnlichkeiten in Grundriß und Proportionen, die diese Kirche mit ihrer nächsten Parallele - der Studiosbasilika in Konstantinopel - gemeinsam hat, unterscheidet sie sich durch ihre Raumkonzeption, die von den massiven Arkaden der Innenwände beherrscht wird.
Buchovo, Basilika, Anfang des 5. Jh.
Nessebar, Alte Metropolitenkirche, Mitte des 5. bis 7. Jh.
Die in der Regierungszeit Justinians I. eingeführten liturgischen Neuerungen, wie der Große Einzug, haben auch im kirchlichen Innenraum bedeutende Veränderungen bewirkt. Der Altarraum (Bema) wurde nach Westen verschoben und begann sich von dem übrigen Kirchenraum abzuschließen; zu beiden Seiten wurden selbständige Räume abgesondert - die Pastophorien (Diakonikon und Prothesis). Diese selbständigen Räume sind in der Baukunst des Christlichen Ostens bereits seit dem 4. Jahrhundert bekannt, doch erscheinen sie dort vom Altarraum getrennt und nicht mit ihm direkt verbunden, wie in den Kirchen Konstantinopels im justinianischen Zeitalter, wo sie eine bestimmte Rolle nicht nur während der Proskomidie, sondern auch während des Großen Einzugs zu übernehmen haben. In gewissen Fällen, wo die Seitenräume im östlichen Teil der Kirchen von außen nicht erkennbar sind, deutet sich eine Übergangsphase an (die Basiliken in Pirintsch-tepe und Nr. 6 in Diokletianopolis);
meistens haben sie jedoch selbständige Apsiden und heben sich von der Silhouette des ganzen Baus ab. Am interessantesten ist die Basilika am Meer (Eleusa) (Abb. 31) in Mesembria, wo jeder dieser Räume drei Konchen besitzt, wobei die äußeren aus der Fassade herausragen, während die inneren in die Mauer zwischen den Pastophorien und dem Altarraum eingezogen sind. Bei vielen älteren Bauten wurden seit dem 6. Jahrhundert Pastophorien angebaut, wie bei den Basiliken Nr. 2 und 6 in Diokletianopolis sowie vermutlich bei der großen Basilika in Storgosia.
Es ist nicht bekannt, inwiefern und wie schnell diese Neuerungen der Liturgie in der Architektur der inneren Balkangebiete ihren Niederschlag fanden. Wenn auch kirchliche Zentren wie Mesembria und Diokletianopolis in einem unmittelbaren Kontakt mit Konstantinopel standen, scheinen die frühchristlichen Traditionen in den entfernteren Bistümern stärker als die hauptstädtischen Einflüsse gewesen zu sein. Bei vielen Kirchen, von welchen wir annehmen dürfen, daß sie nach der Einführung des Großen Einzugs errichtet oder wenigstens in den nachfolgenden Jahrhunderten benutzt worden sind, wie die Sophienkirche in Sofia, (Abb. 9) finden diese liturgischen Veränderungen keine bauliche Entsprechung und führen auch zu keinen späteren Veränderungen durch den Anbau von Pastophorien.
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Varna, Basilika Pirintsch-tepe, 4./5. und spätes 8. Jh.
Nessebar, Basilika am Meer, zweite Hälfte des 6. Jh.
Pirdop, Eliaskirche, 5./6. Jh.
Gleichzeitig sind uns Fälle bekannt, wie die Basilika in Losenez, Sofia - wenn wir uns der Datierung ihrer Erforscher in das frühe 4. Jahrhundert anschließen -, wo die Pastophorien selbständige, vom Altarraum isolierte Räume bilden wie bei den Kirchen in Syrien, Armenien und Kleinasien. Die meisten uns bekannten Kirchen aus dem 9. und dem frühen 10. Jahrhundert, die in den beiden ersten Hauptstädten des Bulgarischen Reiches, Pliska und Preslav, nach der Einführung des Christentums im Jahre 865 errichtet wurden, besaßen wiederum Pastophorien, die - im Gegensatz zu den hauptstädtischen Kirchen des Byzantinischen Reiches - ursprünglich mit dem Altarräum nicht verbunden waren und erst später, vermutlich um die Mitte des 10. Jahrhunderts, zum Altarraum hin geöffnet worden sind. Wenn auch die Frage nach dem Weg, auf dem dieser Einfluß des Christlichen Ostens in die Architektur des mittelalterlichen Bulgarien gelangte, bis jetzt keine befriedigende Antwort gefunden hat, so muß dennoch betont werden, daß dieser starke und dauerhafte Einfluß tief im kirchlichen Leben sowie in der christlichen Bautradition verwurzelt ist.
Das liturgische Geschehen griff allmählich in den nach Westen vorgeschobenen Altarraum und auf das seit dem späten 5. Jahrhundert häufiger vorkommende Querschiff über, wo die Vertreter des niederen Klerus ihren Platz fanden, während dem Bischof und dem Hochklerus weiterhin die Synthronon (Presbyterbank) vorbehalten blieb, die wir überwiegend in den Bischofskirchen finden. Querschiffbasiliken sind Nr. 4b in Diokletianopolis, in Rakitovo, Bezirk Pasardshik, und die Sophienkirche in Sofia, wo das Querschiff über die Seitenwände des Langhauses herausragt und seine Breite der Breite des Mittelschiffs gleicht, ein Verhältnis, das für die Architektur des hohen Mittelalters weiterhin maßgebend bleibt.
Für die stark angewachsene Mitgliederzahl der Kirchgemeinden wurden seit dem 6. Jahrhundert Emporen gebaut, die außerdem dazu dienten, die Frauen von den Männern zu trennen. In Bulgarien erscheinen die Emporen hauptsächlich über dem Narthex (Pirintsch-tepe, Kostenez, Nr. 6 in Diokletianopolis) und seltener auch über den Seitenschiffen (Eliaskirche bei Pirdop, Alte Metropolitenkirche in Mesembria). (Abb. 28, 32, 33)
Im 6. Jahrhundert erweitert sich auch der Narthex, der Platz für Büßer und Taufbewerber, wo ein Teil des kirchlichen Ritus stattfindet, der in bestimmten Fällen auch außerhalb der Kirche - im Atrium oder im durch Periteichisma (Umfassungsmauern) umgebenen Peribolos (Außenhof) - vollzogen wird. Obwohl das Atrium bei den christlichen Bauten Bulgariens erst seit dem Ende des 5. Jahrhunderts vorkommt und dann nur relativ selten - nachweisbar bei der Alten Metropolitenkirche in Mesembria, (Abb. 32, 33) in Gorni Marjan bei Veliko Tirnovo und an den Basiliken Nr. 3, 6 und 8 in Diokletianopolis-, scheint auch dessen Gestaltung der hellenistisch-römischen Tradition entlehnt zu sein. Seine Form ist meist quadratisch; es besteht aus ein, zwei oder drei Portiken und bleibt bis ins 10. Jahrhundert erhalten.
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In einer Zeit, da das Atrium in allen Nachbarländern völlig verschwindet, bildet es in Bulgarien weiterhin einen charakteristischen Bestandteil der repräsentativen Bauten.
Sofia, Sophienkirche, zweite Hälfte des 5. Jh. Axonometrie (Rekonstruktion)
Der Peribolos oder Ambitus ist in Bulgarien ebenso seit dem späten 5. Jahrhundert bekannt, jedoch an den Kirchen, die kein Atrium besitzen. Hier finden rituelle Waschungen, Initiationen der Katechumenen und TotenGedächtnisfeiern statt, die sonst zu den Funktionen des Atriums gehören. Ein Anlaß zur Ausbreitung dieser Anlagen scheint mit dem 431 erlassenen Dekret von Theodosius II. gegeben, durch welches das Asylrecht auch auf den Peribolos ausgedehnt wurde. Ein Peribolos ist für mehrere frühchristliche Kirchen in Bulgarien nachweisbar, obgleich die Ausgrabungen die nächste Umgebung der Kirchen oft vernachlässigten, so daß unsere Kenntnisse sehr lückenhaft sind. Meistens bildet er ein unregelmäßiges Viereck, in dem sich die Kirche nach dem Vorbild der syrischen und kleinasiatischen Bauten überwiegend an der nordöstlichen Ecke befindet, so daß manchmal die Umfassungsmauern direkt an die Ost- oder Nordmauer der Kirche anschließen. Wegen der häufigen Barbarenangriffe verstärken sich im 6. Jahrhundert die Verteidigungsaufgaben der Umfassungsmauern, sie bleiben jedoch eine Nebenfunktion.
Den neuen liturgischen Erfordernissen gemäß, weisen die Basiliken des 6. Jahrhunderts einen wesentlich komplizierteren Grundriß auf; zugleich erscheinen an den älteren Bauten öfter neben dem Altarraum, dem Narthex und im Hof hinzugefügte Anbauten. Die zunehmenden feindlichen Angriffe verlangten einen solideren Bau der Kirchen und ein entwickeltes Abwehrsystem. Dementsprechend traten hauptsächlich in den westlichen Teilen der Kirchen in Verbindung mit den Treppen zu den Emporen hohe Türme auf, die gleichfalls Verteidigungsfunktionen übernehmen konnten. Immer häufiger wurden die sehr anfälligen hölzernen Dachkonstruktionen durch massive Gewölbe ersetzt. Ältere Bauten erhielten bei ihrem Umbau im 6. Jahrhundert neben einer Verstärkung der Mauern durch Strebepfeiler Tonnenoder Kreuzgewölbe, manchmal in der Kombination mit einer Zentralkuppel (Eliaskirche bei Pirdop) (Abb. 28), während einige der neuen Bauten von vornherein mit gewölbten Seitenschiffen (Tschoban-dere), als gewölbte Basiliken (Leuke) oder Kuppelbasiliken (Rakitovo, Sophienkirche in Sofia) (Abb. 9) konzipiert wurden. Die Sophienkirche zeigt den Höhepunkt in der Entwicklung der frühchristlichen Basilika auf dem Balkan; hier finden wir bereits mehrere Bestandteile der romanischen Baukunst des Abendlandes vorgebildet: ein stark ausgeprägtes Querschiff, verlängerten Altarvorraum, große Kuppel über der Vierung und Westbau mit zwei Türmen.
Gleichzeitig und parallel mit der Entwicklung der basilikalen Bauten sind auf dem Gebiet des heutigen Bulgarien auch andere Bauformen der christlichen Architektur zu finden: die einschiffigen Kirchen und die Zentralbauten. Sehr früh tritt der Einschiffbau hervor. Die erste Kirche an der Stelle der Sophienkirche in Sofia stammt vermutlich aus dem frühen 4. Jahrhundert - eine noch frühere Datierung wäre durchaus berechtigt, da sie als Friedhofskirche der ausgedehnten Nekropole von Serdica, deren älteste Grabkammer schon dem zweiten und dritten Jahrhundert angehören, weit von Rom entfernt, die Zeit der Christenverfolgung überdauert haben könnte und später einem größeren Gotteshaus Platz machte. Demselben Bautypus - dem gewölbten oder flach gedeckten einschiffigen Bau mit halbrunder Apsis - gehören mehrere Kirchen des 4. bis 6. Jahrhunderts an, darunter die mit einem reichen Bodenmosaik ausgestattete Georgskirche in Storgosia, die Demetrioskapelle in Slokoschtiza bei Kjustendil, die Kirchen Nr. 1 und 2 nördlich vom Zarenschloß in Zarevez, Veliko Tirnovo, sowie die Ruine
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in Komatevo bei Karnobat, wo auch ein Narthex vorhanden ist. Diesem einfachen Bautypus begegnen wir auch bei einer Reihe römischer Profanbauten, wie dem Mausoleum bei Lovetsch und den Thermen in Serdica, die den Prototyp dieser christlichen Bauten darzustellen scheinen. Einen komplizierteren Grundriß weist die wahrscheinlich aus dem 5. Jahrhundert stammende Kirche in Isperichovo, Bezirk Pasardshik, auf - mit Synthronon, halbrunder Apsis, Narthex und einem an die Südwand anschließenden Seitenraum, ebenfalls mit halbrunder Apsis.
Unter den zahlreichen einschiffigen Kirchen aus dem späten 5. Jahrhundert zeichnen sich drei durch ihre abweichende Form aus: die Kirche in Dshanavar-tepe bei Varna mit vier herausspringenden Eckräumen, die Kirche in Ivanjane bei Sofia mit je zwei viereckigen Seitenräumen im Westen und im Osten sowie die Kirche in Klissekjoj (Zarkvischte), wiederum mit zwei Seitenräumen im Westen und einem Querschiff mit Krypta - eine Erscheinung, die in ihren liturgischen Funktionen auf syrischen Einfluß hinzudeuten scheint, dennoch bautechnisch und formal der lokalen Tradition verpflichtet ist. Alle diese Kirchen, die als unmittelbare Vorläufer der Sophienkirche in Sofia in Betracht kommen, stehen entwicklungsgeschichtlich sowohl mit den Verteidigungsbauten als auch mit der Kreuzkuppelkirche im Zusammenhang und stellen wichtige Bindeglieder in der Entwicklungskette der christlichen Baukunst dar.
Eine sehr frühe Erscheinungsform des sich erst später entwickelnden Kreuzkuppelbaus zeigt die Kirche in Botevo, in der Nähe des antiken Ratiaria an der Donau (5. Jh.), deren Substruktion nur teilweise erhalten ist, dennoch die Existenz einer Kuppel vermuten läßt. Das früheste Beispiel des Zentralbaus in der christlichen Baukunst Bulgariens stellt allerdings die Georgsrotunde in Sofia dar (Abb. 66). Ursprünglich als vorchristlicher Profanbau errichtet, ist sie vermutlich im 9. Jahrhundert als Kirche benutzt und danach mehrmals umgebaut worden. Am Ende der Entwicklung des frühchristlichen Zentralbaus in der Diözese Thracia stehen die Sophienkirche in Adrianopolis (Edrine), deren Ruinen noch kurz vor der letzten Jahrhundertwende zu sehen waren, und die Rote Kirche im antiken Sebastopolis bei Peruschtiza - zwei der repräsentativsten Kirchenbauten aus der vorjustinianischen Zeit. Beide stellen eine weitere Abwandlung des Tetrakonchos mit Zentralkuppel dar, wie ihn die Stoa des Hadrian in Athen und San Lorenzo in Mailand vertreten.
Seit dem 5. Jahrhundert stößt man in Bulgarien häufig unmittelbar neben den Kirchen unterschiedlicher Bauart auf Baptisterien (Taufkapellen). Es handelt sich um kleine, den Kirchen seitlich zugeordnete, gleichzeitig erbaute und in die Baukonzeption eingeschlossene, manchmal jedoch später hinzugefügte Bauten. Sie weisen überwiegend quadratischen (die Baptisterien der Basiliken in Buchovo, Rakitovo, Strumsko) oder rechteckigen Grundriß auf (Isperichovo, Komatevo, Klisse-kjoj, Sliven, Ivanjane, Diokletianopolis Nr. 8). In der Mitte befindet sich die meist aus Backstein oder Marmor errichtete Piscina (Taufbecken) und an der Ostseite eine halbrunde Apsis oder Nische für den Bischofssitz, die entweder in die Ostwand eingetieft ist oder nach außen sichtbar vorspringt. Die Decke ist flach, gewölbt oder mit einer Kuppel (Eliaskirche bei Pirdop) (Abb. 28) versehen. Die reichste Ausformung besitzt das Baptisterium der Basilika in Leuke - mit Kuppel und drei Konchen (einem abgewandelten Tetrakonchos, dessen vierte Konche durch den Anschluß an die Südwand der Kirche ersetzt worden ist). Ungewöhnlich ist auch das Baptisterium in Tschoban-dere, dessen Ostwand im Inneren halbkreisförmig ist, von außen aber als zweiseitige Apsis hervorspringt; die geräumige Vorhalle erfüllte vermutlich die Funktion eines Katechumenums, ähnlich den Baptisterien in Philippi und Thessaloniki. Ein runder Zentralbau ist das Baptisterium in Zapara mit zwei konzentrisch angeordneten Wänden, die innere durch Konchen gegliedert - ein Bautypus, der bei den Baptisterien in Griechenland, Italien und Kleinasien vorkommt.
Die weite Verbreitung von Baptisterien in Bulgarien in der Nachantike steht mit der zunehmenden Bekehrung breiter Schichten der seit dem 5. und besonders im 6. und 7. Jahrhundert neu angesiedelten Bevölkerung im Zusammenhang. Darin liegt zugleich die Erklärung, daß Baptisterien nicht nur wie üblich an den Bischofskirchen, sondern auch an kleineren Gemeindekirchen errichtet wurden, was in der ostchristlichen Architektur nur in Ausnahmefällen vorkommt, in Bulgarien aber bis zum 10. Jahrhundert die Regel bleibt.
Varna, Basilika Dshanavar-tepe, spätes 5. Jh.
Ivanjane, frühchristliche Kirche, spätes 5. Jh.
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Sebastopolis bei Peruschtiza, Rote Kirche, Anfang des 6. Jh. Axonometrie (Rekonstruktion)
Monumentalkunst
Eine Sonderstellung unter den frühchristlichen Denkmälern in Bulgarien nehmen die zahlreichen Grabkammern ein, die die Tradition vorchristlicher Grabstätten fortsetzen. Viele christliche Grabkammern sind auf dem Gebiet der ehemaligen Nekropole von Serdica ausgegraben und wieder zugeschüttet oder abgerissen worden; weitere Grabkammern befanden sich in Plovdiv, Krupnik und Buchovo. Einige wenige, wie die Grabkammern in Varna und Hissar, sind - wenn auch in schlechtem Zustand - erhalten. Die meisten stellen kleine rechteckige Räume mit Tonnengewölbe dar und sind in unterschiedlicher, vor allem gemischter und Backsteintechnik ausgeführt.
Die Bedeutung dieser frühchristlichen Sepulkralbauten beruht hauptsächlich auf ihrer Innengestaltung, bei der die ersten Ansätze christlicher Monumentalkunst in Bulgarien als eine Einheit von Sinn und Form in Erscheinung treten. Diese Einheit bleibt das wichtigste Gestaltungsprinzip der Kunst des orthodoxen Christentums; sie prägt Aussage und Kunstmittel der Malerei und der Plastik wie auch des Kunsthandwerks. Die »schöne« Kunst verliert ihren Selbstzweck und verbindet sich in einer Synthese mit dem Monumentalbau. Malerei und Plastik der frühchristlichen Epoche auf dem Balkan erscheinen hauptsächlich als baugebundene Kunst; ihre Aufgabe besteht weniger in der Verschönerung des Raumes als im Ausdruck seines Symbolgehalts im Sinne der christlichen Religion.
Die neue Architektur ist hauptsächlich eine Architektur des Innenraums. Während das wichtigste Kompositionsprinzip des antiken Tempels in der Gestaltung seines nach außen gerichteten Wesens lag, konzentrieren sich die schöpferischen Kräfte in der christlichen Baukunst auf den Innenraum, der die Christengemeinde einerseits von der Außenwelt trennen soll, andererseits aber die Funktion hat, sie als eine miteinander verbundene Gemeinschaft das liturgische Mysterium erleben zu lassen. An den schlichten Fassaden der frühchristlichen Bauwerke erscheint weder die antike Säulenreihe noch der reiche plastische Schmuck. Vor dem Baumeister steht jetzt die Aufgabe, die Kunstmittel und -formen zu finden, um den Raum in die Höhe, Breite und Tiefe zu erweitern und ihm einen Sinn zu verleihen. In dieser Richtung erfolgt die Umgestaltung des Innenraums der hellenistischen Basilika - die Ablösung der Architrave durch die Arkade. Die Arkade hebt die Säulenreihe und folglich auch den Innenraum höher an und führt damit die Höhe als neue Dimension in die Basilika ein, wobei der Rhythmus der Arkade die Tiefenwirkung der Horizontale reduziert. Der nächste Schritt in der Verselbständigung des Innenraums wird durch das Gewölbe bestimmt, das allmählich die flache Dachkonstruktion zu ersetzen beginnt, bis schließlich ein inneres Zentrum des Raumes mit der Kuppel entsteht. Anstelle der Apsis - dem Fluchtpunkt des Innenraums in der frühchristlichen Basilika - wird die Kuppel zum Zentrum des Innenraums, deren Symbolbedeutung durch eine Reihe bildlicher Darstellungen akzentuiert wird. Sie bilden den Kern des Bildprogramms der ostchristlichen Kirche, das sich bereits in der Zeit vor dem Bilderstreit zu entfalten beginnt. Zugleich vereinigt die Kuppel formal und symbolisch die einzelnen,
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Sofia, Antike Nekropole, Grabkammer Nr. I, Anfang des 3. Jh.
Innenraum nach Osten
in ihren Funktionen differenzierten und einander durchdringenden Innenräume, dem Ganzen eine Einheit verleihend, die seither zum bedeutendsten Charakteristikum der ostchristlichen Architektur geworden ist.
Malerei
In Bulgarien tritt diese neue Auffassung von der Monumentalkunst erstmalig bei den frühchristlichen Grabkammern in Erscheinung. Wenn sich auch ursprünglich Bildrepertoire und Technik kaum von den Werken der vorchristlichen Kunst (wie der Grabkammer in Silistra) (Abb. 11) unterscheiden, so ist doch die zunehmende Anwendung christlicher Symbole, hauptsächlich von Kreuz und Christogramm, und die verschiedene inhaltliche Akzentuierung antiker Formen bezeichnend. Die Ornamentik ist dem Bildschatz der hellenistischen Antike entliehen, doch in einem bereits streng und konsequent durchdachten ikonographischen Programm noch fester mit dessen symbolischer Funktion verbunden. Unterschiede in Form und Stil zwischen den vorchristlichen und christlichen Kunstwerken, wenn man solche überhaupt feststellen kann, ergeben sich aus der großen Spannweite in der künstlerischen Qualität - von den mit höchster Perfektion ausgeführten Darstellungen der Erzengel aus der leider nicht mehr erhaltenen Grabkammer Nr. 9 in Serdica, (Abb. 10) einem erlesenen Denkmal antiker Kunst, bis zu den primitiven ornamentalen und figuralen Darstellungen in Varna.
Die frühchristliche Monumentalmalerei auf dem zentralen Balkan vertritt eine wichtige Entwicklungsstufe der europäischen Kunst, die wir außerhalb dieser Kunstlandschaft kaum an so zahlreichen Denkmälern beobachten können. Einerseits mit der Formensprache der Antike verbunden, andererseits durch den Sinn und Inhalt der Religion geprägt, zeigt sie uns deutlich die genetischen
Bindungen zwischen Antike und Mittelalter, den gesamten Umwandlungsprozeß, der zur Entstehung der ästhetischen Auffassungen des Christentums führte. Während dieser Entwicklung, die wir fast lückenlos verfolgen können, tritt der antike Illusionismus nach und nach zurück, um einer derberen, dennoch sehr ausdrucksvollen Kunst Platz zu machen. Dies belegen am deutlichsten die Freskenfragmente aus Tschatalar (spätes 4. Jh.), (Abb. 1) wo der expressiv-graphische Stil, wie wir ihn aus mehreren Kunstwerken der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends in Bulgarien kennen, bereits voll ausgebildet zu sein scheint.
Parallel mit diesem expressiven Stil, der in der volkstümlichen Tradition verwurzelt ist, entwickelt sich auch eine distinguierte Stilrichtung, die der erlesenen Kunst der führenden Zentren ostchristlicher Kultur, Antiochia und Alexandrien, verpflichtet ist. Spuren von Wandmalereien und Mosaiken in einigen der repräsentativsten Bauten, wie den Basiliken in Diokletianopolis, Rakitovo, Marcianopolis und der Sophienkirche in Sofia, beweisen dies. Eine der letzten Schöpfungen dieser Stilrichtung stellt das leider nur fragmentarisch erhaltene Freskenensemble der Roten Kirche in Sebastopolis dar. Wenn auch die Überreste der hellenistischen Tradition in der feinen und reich nuancierten hellen Farbpalette noch deutlich zu spüren sind, tritt bei den Darstellungen der Genien und des Gotteslammes der Geist ostchristlicher Symbolik weit stärker hervor. Diese symbolischen Darstellungen verschwinden sehr bald aus dem ikonographischen Programm der bildfeindlichen hauptstädtischen Kunst Konstantinopels und werden auch in der Zeit nach dem Bilderstreit nie wieder belebt. Die Fresken der Roten Kirche - wie vermutlich noch viele andere nicht erhaltene Kunstwerke aus den südwestlichen bulgarischen Gebieten - blieben dagegen von der dunklen Epoche des Bilderstreits unberührt und vermittelten die ikonographische Tradition an die nächsten Generationen.
Sofia, Antike Nekropole, Grabkammer Nr. 4, Anfang des 5. Jh.
Fresko
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Sofia, Friedhofskirche unter der Sophienkirche, Anfang des 4. Jh.
Grundriß mit dem Bodenmosaik
Mosaik
Die frühchristlichen Sakralbauten werden häufig mit Bodenmosaiken ausgestattet, deren Qualität allerdings im Vergleich mit den Werken dieses Kunstzweiges aus den ersten Jahrhunderten römischer Herrschaft auf dem Balkan bereits nachzulassen beginnt. Den verschiedenartigen mythologischen Sujets auf den Mosaiken von Armira bei Ivajlovgrad (2. Jh.) sowie dem reich nuancierten und fein abgestimmten Kolorit der Mosaiken von Augusta Trajana (frühes 4. Jh.) ist aus dem Zeitraum der christlichen Antike nichts Vergleichbares gegenüberzustellen; die Zeichnung wird gröber und primitiver, die Farbskala ärmer und eintöniger. Den älteren Beispielen, wie dem Bodenmosaik der ersten Friedhofskirche unter der Sophienkirche in Sofia (4. Jh.), (Abb. 6) mit figuralen, obwohl sehr stilisierten und schematisierten symbolischen Darstellungen, steht späterhin eine ausgeprägte Geometrisierung und Erstarrung der Naturmotive gegenüber. Das häufig vorkommende abstrakte Ornament, das sich des Kreuzes oder Christogramms bedient (die Bodenmosaiken des Mausoleums in Diokletianopolis und der Basiliken in Odessos, Pautalia und Zapara), (Abb. 7, 8) zeichnet sich - gemessen an der erfinderischen Vielfalt vorchristlicher Mosaiken - nicht besonders aus. Von dieser rückläufigen Tendenz sind nur die zum größten Teil noch unveröffentlicht gebliebenen Mosaiken der Basiliken von Marcianopolis auszunehmen, die im Zusammenhang mit dem bedeutenden wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Aufschwung des Erzbischofssitzes im letzten Drittel des 4. Jahrhunderts entstanden sind und zu den hervorragendsten Leistungen spätrömischer Kunst gehören. Strenge und Ernst des theologischen Programms vereinigen sich hier mit der leuchtenden Farbigkeit und der schwungvollen Linie der hellenistisch-antiken Ornamente in einem Einklang, dessen anmutvolle und zauberhafte Wirkung die frühchristliche Kunst sonst kaum kennt.
Bauplastik
Wie die Malerei und das Mosaik, so tritt auch die Plastik während der christlichen Antike hauptsächlich als baugebundene Kunst auf. Sie ist nicht nur Bestandteil des gesamten Bauwerks, sondern trägt vorrangig zu dessen Gestaltung und Versinnbildlichung bei. Die Bauplastik hat eine Vielfalt von Funktionen, bei denen das konstruktive Prinzip vor dem narrativen den Vorrang besitzt, ohne jedoch das ästhetische zu verdrängen. Die ausgesprochen reinen Zierformen scheiden aus dem Repertoire der Bauformen aus. Im Vergleich mit den spätrömischen Profanbauten wirken die frühchristlichen Bauten in ihrer Schlichtheit fast puritanisch: Bei den ungegliederten Fassaden ist von vornherein auf einen plastischen und malerischen Dekor verzichtet worden. Im Inneren beschränkt sich der bauplastische Schmuck auf einfache Architrave, Säulenbasen und Kapitelle sowie Chorschranken mit unkomplizierten symbolischen Darstellungen. Dazu kommen häufig die mit flachem Relief verzierten Ambonen und Ziborien, von denen, wie auch von der übrigen Bauplastik, viele Fragmente bei Ausgrabungen gefunden, aber bisher nicht hinreichend erforscht und systematisiert worden sind.
Die bedeutende Stellung der hauptstädtischen Kunst Konstantinopels zeigt sich in der Plastik oft unmittelbar an zahlreichen importierten Kunstwerken, die den Balkan, wie das ganze Byzantinische Reich überfluteten: Der gesamte aus prokonesischem Marmor hergestellte plastische Schmuck mehrerer bulgarischer Kirchen ist nachweisbar hauptstädtischen Ursprungs, wie bei den Basiliken in Gorni Marjan, Zarevez, Nr. 1 in Diokletianopolis und der Eliaskirche bei Pirdop. (Abb. 25 bis 27) Gleichzeitig sind jedoch auch zahlreiche einheimische Steinmetzwerkstätten tätig gewesen, so etwa die an den Steinbrüchen in der Nähe von Reka Devnja und Hotniza sowie in Makresch, Bezirk Vidin, Tschekantschevo bei Sofia und Diokletianopolis. Marmor wurde in ausreichender Menge in den Rhodopen gewonnen und verarbeitet, so daß der gestiegene Bedarf an diesem Baumaterial durchweg gedeckt werden konnte.
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Veliko Tirnovo, Basilika unter dem Palast am Zarevez, 6 Jh.
Chorschranke (Rekonstruktion)
An bauplastischem Schmuck haben sich vorrangig Kapitelle erhalten, die den ganzen Formenreichtum der Kunst des Byzantinischen Reichs widerspiegeln. Neben den theodosianischen Kapitellen finden sich Korb- und Würfelkapitelle, ionische Kämpfer und Kämpferkapitelle. (Abb. 35, 36) Wenn sie auch motivlich und formal der hellenistischrömischen Tradition anhängen, ist dennoch die Sparsamkeit der Kunstmittel und ihrer Aussage auffallend besonders im Vergleich mit den prachtvollen Beispielen aus spätrömischer Zeit, wie den Kapitellen des Forums von Nikopolis ad Istrum und des Fortunatempels in Oescus. Die pflanzlichen Motive werden auch hier stark geometrisiert, so daß sie kaum an Naturformen erinnern.
Sehr charakteristisch für die Entwicklung der dekorativen Plastik auf dem Balkan sind die aus den Werkstätten am Marmarameer stammenden theodosianischen Kapitelle der Basilika in Gorni Marjan und der Eliaskirche bei Pirdop. Die komplizierten Formen modifizieren weitgehend antike Vorbilder; bei den Akanthusblättern ist eine Desorganisierung und Entkörperlichung auffallend; durch eine verwirrende Fülle von kleinen Bohrlöchern erscheinen die Blätter an den Rändern und im Inneren zerrissen und dadurch vom Naturvorbild gelöst. Diese Tendenz zur Geometrisierung und Entkörperlichung der Grundformen setzt sich bei den unter vorherrschendem Einfluß der Hauptstadt entstandenen Kunstwerken im späten 5. und 6. Jahrhundert weiterhin durch. So ist bei den Korbkapitellen aus Odessos auf jegliche Naturtreue verzichtet worden. (Abb. 36) Das Kapitell wird zu einem Kunstgebilde, bei dem das Material (Marmor) durch zarteste Durchbrucharbeit völlig entstofflicht zu sein scheint. Ähnlich verläuft die Entwicklung in den südlichen und südwestlichen Teilen des Balkans, wo Thessaloniki bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts eine führende Rolle spielte, dann aber nach und nach von Konstantinopel verdrängt wurde. Besonders deutlich ist das an den Denkmälern der drei bedeutendsten Kunstzentren Caričin Grad, Stobi und Philippi zu sehen, deren Bauplastik hauptsächlich lokalen Werkstätten entstammt.
Im Gegensatz zu dieser Entwicklung zeigen die gleichzeitig entstandenen Arbeiten aus provinziellen Werkstätten im zentralen Balkan grundlegend unterschiedliche Wesensmerkmale, wobei die Häufigkeit von Kämpfern und Kämpferkapitellen infolge des Übergangs zur Arkade hier seit dem 5. Jahrhundert - wie in den anderen byzantinischen Reichsteilen - durch tektonische Notwendigkeiten bedingt ist und außer von konstruktiven auch von ästhetischen Momenten mitbestimmt wird.
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Die Schwere der voluminösen Kämpfer ist auffallend und wird durch die steifen Formen des Flachreliefs noch gesteigert. (Abb. 35, 36) So weisen die Kämpfer und Kämpferkapitelle aus Odessos ebenso wie die aus Stobi Charakterzüge lokaler Schulen auf. Darüber hinaus erscheinen im Zentralteil des Balkans schon im 5. Jahrhundert bei den Kapitellen wie auch bei den Brüstungsplatten und anderen plastischen Verzierungen figurale Motive, die wir weder in dieser Form noch in dieser Ausbreitung von den übrigen Teilen der Balkanhalbinsel kennen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Tierdarstellungen, beispielsweise an den Kämpfern und Kapitellen von Trojekrst und Vitolište bei Prilep (Abb. 22) und von Ljutibrod sowie an den Reliefplatten von Ossenovo. (Abb. 23, 24) Zwischen diesen primitiven Tierdarstellungen, wo das Sinnbildliche durch das Phantastisch-Erzählerische verdrängt wird, und den Tierdarstellungen an den zeitgenössischen Kapitellen der Demetrioskirche in Thessaloniki und im Museum in Istanbul, die vom Geist der hellenistischen Antike geprägt sind und das Endstadium einer langen Entwicklung widerspiegeln, besteht keinerlei Verbindung. So stellen die Figuren aus Ljutibrod, Vitolište und Trojekrst nicht etwa eine verzerrte Abart hauptstädtischer Vorbilder dar, sondern bemühen sich um einen neuen Ansatz, dessen Ursprünge bis auf die volkstümliche vorchristliche Tradition hinabreichen. Diese überaus zählebige Stilrichtung ist jedoch nur an Bauwerken entlegener Orte zu verfolgen, die weder von der hauptstädtischen Kunst Konstantinopels noch derjenigen Thessalonikis nachhaltig beeinflußt sind. Sie ist durch bewunderungswürdige Frische und Unmittelbarkeit des Ausdrucks gekennzeichnet und besitzt für die weitere Kunstentwicklung außerordentliches Gewicht. Gleichzeitig verflacht das Relief seit dem späten 5. Jahrhundert und nimmt steifere, härtere und gröbere Züge an. Das wird besonders an den Brüstungsplatten deutlich, die zwar meist nur fragmentarisch erhalten sind, dennoch eine Vielfalt ornamentaler Lösungen und dekorativer Motive aufweisen, in die Kreuz und Christogramm höchst unterschiedlich hineinverwoben sind. Das Relief entbehrt der dritten Dimension und wirkt vollkommen graphisch; die komplizierten abstrakten Symbole vereinfachen sich, und das narrative Element nimmt an Bedeutung zu.
Unter den wenigen erhaltenen plastischen Ausstattungsstücken dieser Zeit verdienen das marmorne Weihwasserbecken aus Odessos und die Taufe aus Galata besonderes Interesse. (Abb. 21, 37) Die Taufe stellt schon wegen des ungewöhnlichen Materials (Ton), vor allem aber wegen ihrer kunstvollen technischen Ausführung eine Seltenheit dar.
Freie Plastik
Im Vergleich zur baugebundenen dekorativen Plastik ist die frei stehende figurale Plastik während der Spätantike wesentlich geringer vertreten und unterliegt einem ständigen Verfall, der nicht zuletzt in der Reserviertheit und Ablehnung begründet ist, mit der ihr die östliche Kirche
begegnet. Die wenigen überlieferten Zeugnisse, wie das Hochrelief der Gottesmutter aus Silistra sowie die beiden Figuren des Guten Hirten in den Archäologischen Museen Orjachovo und Plovdiv, stehen quantitativ wie qualitativ in keinemVerhältnis zu dem Reichtum an antiken Meisterwerken auf balkanischem Gebiet. Noch im 5. Jahrhundert wird von frei stehenden Skulpturen byzantinischer Kaiser auf den Foren der großen Städte wie Philippopolis berichtet, die kurz darauf aus dem Stadtbild für immer verschwinden. Antike Plastiken, die ehemals dem Ruhm der Dargestellten und der Künstler dienten, wie die nach Rom übergeführte 13 m hohe Bronzefigur des Apollo von Kalamis in Apollonia Pontica, sind später konfessioneller Intoleranz zum Opfer gefallen. Zu ihrer Vernichtung trugen die Barbarenangriffe und der Bilderstreit bei. Die plastische Tradition reißt jedoch trotz aller ungünstigen Umstände in Bulgarien niemals völlig ab. Wir können sie über das ganze Mittelalter hinweg bis zur Neuzeit verfolgen. Sehr bedeutend sind in dieser Hinsicht zwei Kunstwerke von der Schwarzmeerküste aus dem späten 5. und frühen 6. Jahrhundert: der Leuchter aus Odessos (Abb. 29) und der Männerkopf aus Obsor, (Abb. 30) bei denen die fortgeschrittene Tendenz zur Verdrängung des antiken Illusionismus durch einen stark ausgeprägten Expressionismus deutlich erkennbar ist. Die stilisierten und schematisierten Gesichtszüge zeigen einen ekstatisch-starren Ausdruck, der auf den Betrachter den Eindruck einer geheimnisvollen Mysterienhandlung ausübt. Hier sind die Prinzipien der traditionellen Formgestaltung und des antiken Schönheitsideals völlig überwunden. Alles ist dem Ausdruck untergeordnet; die Form bildet mit Zweck und Sinn ein Ganzes, das in seiner symbolischen Sprache unmittelbar zu wirken vermag.
Kunsthandwerk
Das Kunsthandwerk bleibt auf dem Balkan während der Spätantike weit hinter den Leistungen der Frühzeit und der Antike zurück. Dazu führt einerseits die Verarmung der Bevölkerung nach den Verwüstungen in der Zeit der Völkerwanderung, andererseits der Strom billiger Erzeugnisse der spätrömischen Kunstindustrie von entsprechend geringer künstlerischer Qualität, der weiterhin alle Gebiete des ehemaligen Imperium Romanum überflutet. Die Metropolen des Kunsthandwerks, wie Antiochia, Alexandrien und Aquileja, beliefern bis zum 6. Jahrhundert nicht nur vermögende Privatkunden, sondern ebenso zahllose Kirchen mit Ausstattungs- und Gebrauchsgegenständen, die den neuen Erfordernissen gemäß umgestaltet worden sind. Einen typischen Beleg dafür bietet der Ölleuchter im Sofioter Nationalmuseum, (Abb. 16) der sich von den gut bekannten, aus Alexandrien und Aquileja importierten Leuchtern nur durch ein Kreuz unterscheidet. Hinzu kommen noch zahlreiche in Jerusalem hergestellte, künstlerisch wenig anspruchsvolle Bronzekreuze, die dennoch wesentlich zur Formung des Geschmacks beigetragen haben und als Vorbilder mehrerer ähnlicher,
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aus den lokalen Werkstätten hervorgegangener Arbeiten erscheinen. (Abb. 13) Ein interessantes Beispiel dafür ist das Enkolpion im Museum von Stara Sagora, das dem nestorianischen Glaubensverständnis nahezustehen scheint.
Gleichzeitig wird die Produktion einheimischer Werkstätten von zwei Stilrichtungen geprägt: eine der hellenistischen Tradition folgende, die stärker dem Einfluß Konstantinopels und Antiochias offen ist, vertreten unter anderem durch ein Reliquiar aus der Sophienkirche in Sofia (4. Jh.), und eine zweite, bei der sich Einwirkungen der Kunst Mittelasiens und der zu dieser Zeit den Balkan überquerenden Nomadenvölker bemerkbar machen. Besonders deutlich sind diese »barbarischen« Einflüsse an Werken der Goldschmiedekunst mit ihrer derben, etwas plumpen Form und prachtvollen, jedoch wenig untereinander abgestimmten Emails und Edelsteinen von kräftiger Farbigkeit, wie bei dem Reliquiar aus Dshanavartepe und dem Goldschatz aus Varna. (Abb. 14, 15)
Ausklang
Seit dem späten 6. Jahrhundert ist ein allgemeiner Niedergang der Kunst auf der Balkanhalbinsel zu verzeichnen. Die wiederholten Nomadenangriffe und die anschließende Zerstörung der Städte lähmten die Bautätigkeit wie jede andere künstlerische Betätigung. Von wenigen Neubauten abgesehen - die Basiliken in Tschoban-dere und in Erite an der Mündung der Kamtschija sowie die Eliaskirche in Galata -, erfolgen lediglich provisorische Instandsetzungsarbeiten an zerstörten Kirchen, wobei immer häufiger Materialien von älteren Bauten Verwendung fanden. Am Ende des 7. Jahrhunderts erlosch auch diese geringe Bautätigkeit. Über andere Bereiche der Kunst fehlen aus dieser Zeit jegliche Angaben. Es ist die Epoche der großen Umwälzungen, die auf dem Balkan zur Gründung des Bulgarenreichs führten und eine neue Phase in der Kunstgeschichte einleiteten.