Antike heidnische Dichter und Denker in der alten bulgarischen Malerei

Ivan Dujčev

 

III. DAS HEIDNISCHE ALTERTUM UND DAS CHRISTLICHE MITTELALTER

 

 

Die offizielle Anerkennung des Christentums als Religion des Römischen Reiches durch das Edikt von Mailand des Kaisers Konstantin I. des Großen (306—337) vom Jahre 313 wurde mit besonderem Nachdruck von Kaiser Theodosios I. (379—395) bestätigt. Die Regierungsverordnungen lösten aber keineswegs die Frage vom Verhältnis der Anhänger des neuen Glaubens zum heidnischen Altertum. Bedeutete die Zurückweisung der heidnischen griechisch-römischen Religion gleichzeitig auch die Aufgabe der gesamten vom Altertum ererbten geistigen Kultur, Bildung, Literatur und Kunst? Diese Frage beschäftigte die gebildeten Christen noch Jahrzehnte, scgar Jahrhunderte lang. Das griechisch-römische Heidentum war nicht nur eine Religion, die während der ersten Jahrhunderte unseres Zeitalters eine tiefe Krise erlebte. Die heidnischen Gottheiten, die den umwölkten Olymp bewohnten, hatten ihre Macht und ihren Zauber zweifellos eingebüßt. Das damalige Verhältnis des einfachen Menschen zu den Gottheiten des alten heidnischen Glaubens ist nur schwerlich zu ermitteln. Zu diesem Zweck müssen wir eher auf mittelbare Zeugnisse aus den Werken der aufgeklärtesten Schriftsteller jener Zeit zurückgreifen. Besonders bezeichnend sind in dieser Hinsicht die Werke des in Samosata geborenen griechischen Schriftstellers und Sophisten Lukianos aus der Regierungszeit des Kaisers Marcus Aurelius (161—180). Es genügt, seine „Dialoge” zu lesen, um das ausgereifte negative Verhältnis zur gesamten heidnischen Religion, Ironie und Spott des Schriftstellers gegenüber den in den Vorstellungen der antiken Griechen und Römer einst allmächtigen heidnischen Gottheiten zu erkennen. Sie hatten ihre Macht bereits eingebüßt und waren daher wehrlos gegen Angriffe und Hohn. Hinter diesen gestürzten heidnischen Gottheiten der ganzen

 

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antiken heidnischen Religion stand aber die reichhaltige geistige Kultur, vor allem die Literatur und die Kunst der Antike. Die christliche Lehre fand zahlreiche Anhänger nicht nur unter den einfachen Menschen, unter den „Fischern” von Galiläa und anderswo. Sie gewann auch die Herzen vieler gebildeter und belesener Menschen. Mit besonderer Schärfe wurden sie vor die damals aufgekommene Frage gestellt, welchen Standpunkt die Christen gegenüber der gesamten antiken heidnischen Kultur einnehmen müssen. Die positive oder negative Antwort auf diese Frage konnte für die allgemeine Entwicklung der geistigen Kultur der Antike verhängnisvolle Folgen haben: ein negativer Standpunkt würde einen Wendepunkt in der Entwicklung der Kultur hervorrufen, ein positiver, dagegen, zur kontinuierlichen Nachfolge führen.

 

Das Gesetz der Nachfolge im historischen Leben setzte sich durch. Außerordentlich günstig für diese positive Lösung war die Tatsache, daß einige der frühen angesehenen Anhänger des neuen Glaubens wie Gregorios von Nazianz, allgemein „der Theologe” genannt (um 320—390), Basilios von Cäsarea (um 330—379) und Johannes Chrysostomos (354—407) vom Geist der heidnischen Antike tief durchdrungene Schriftsteller und Prediger waren. Seit ihrer Jugend durch enge Freundschaft verbunden, lernten Gregorios und Basilios in Athen bei dem berühmten Vertreter der späten Sophistik, Himerios (geboren um 310). Johannes Chrysostomos erwarb seine Ausbildung beim bedeutenden heidnischen Philosophen und Rhetor Libanios (314—393) in Antiochia. Die athenische heidnische Schule besuchten zur gleichen Zeit wie Gregorios von Nazianz auch Basilios von Cäsarea und Julian der Abtrünnige (361—363), der nächste Abkomme des Kaisers Konstantin des Großen. Die gründliche Kenntnis der heidnischen Kultur rief bei diesem Abkommen Konstantins ein negatives Verhältnis zum christlichen Bekenntnis hervor. Als Herrscher des Oströmischen Kaiserreichs versuchte er im kurzen Zeitabschnitt von 361 bis 363, das verworfene Heidentum als Religion des Sonnenkults wiederherzustellen (108).

 

Gregorios und Basilios blieben aber bei ihrem christlichen Glauben und suchten unter dem Einfluß ihrer reichhaltigen heidnischen Bildung nach Möglichkeiten, sie mit dem Christentum zu versöhnen und in seinen Dienst zu stellen. Dieses positive Verhältnis hat, trotz aller für die christlichen Apologeten natürlichen Einwände gegen die heidnische Bildung, eine überaus große Wirkung auf die gesamte spätere Entwicklung der Kultur ausgeübt. Die Kirchenreden des Gregorios von Nazianz ähnelten so stark den rhetorischen Werken seines heidnischen Lehrers Himerios, daß er beschuldigt wurde, die heidnische Rhetorik in das Leben der Kirche eingeführt zu haben. Basilios von Cäsarea stellte seinerseits für seine Neffen und Nichten Weisungen auf, um die antike heidnische Literatur für die geistige Bildung des Christen zu verwerten (109). Im Sinn der Empfehlung des Apostels Paulus: „Prüfet aber alles und das Gute behaltet”, regt der große Kirchenlehrer die Jugend zur Kenntnis und Nutzung der antiken heidnischen Literatur an. Die Zeitgenossen erkannten durchaus die Bedeutung der hellenischen Bildung für die Ausbildung und Tätigkeit der angesehenen Vertreter der christlichen Kirche. Interessant ist in dieser Hinsicht eine Episode aus dem Leben des heidnischen Rhetors und Philosophen Libanios aus Antiochia. Dem Kirchenhistoriker Sozomenos (110) zufolge, hat der Philosoph Libanios in seiner Todesstunde auf die Frage, welchen seiner Schüler er als seinen würdigsten Erben und Nachfolger

 

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betrachtet, den Namen des Johannes Chrysostomos genannt, jedoch hinzugefügt: „. . . wenn die Christen ihn nicht entrissen hätten”.

 

Nicht ohne Stolz betrachteten sich die Byzantiner als Nachfolger des alten Römischen Reiches und der antiken Bildung. Der Name „Romaier”, den sie annahmen und fast bis zum Ende der Existenz des byzantinischen Kaiserreichs trugen, verkörperte diesen Anspruch. Die neuen Völker, die sich auf dem Gebiet des europäischen Kontinents angesiedelt hatten, darunter vor allem die Germanen und Slaven, und damit auch die gegründeten und gefestigten neuen Staaten zerstörten rasch die Illusion des byzantinischen Kaiserreichs von der Nachfolge des einstigen Römischen Reiches. Einer nach dem anderen haben einzelne mächtige Herrscher im Laufe der Jahrhunderte nicht nur das Recht des Kaisers von Konstantinopel auf den eifrig verteidigten Titel „Basileus” angefochten, sondern sich auch den Titel „Basileus der Romaier” angeeignet. So handelte um das Ende des 8. und den Anfang des 9. Jahrhunderts Karl der Große (768—814) sowie der bulgarische Tzar Symeon (893—927) nach seinem großen Sieg über die byzantinischen Heere in der Schlacht bei Anchialos am 20. August 917. Die in den Jahren 1203—1204 mit der Einnahme der Hauptstadt Konstantinopel und der Gründung des Lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel an der Stelle des zerschlagenen byzantinischen Kaiserreichs eingetretene Katastrophe setzte dem Anspruch auf die Nachfolge des alten Römischen Reiches auf immer ein Ende. Der König von Sizilien und deutsche Kaiser Friedrich II. (1194— 1250) wendet sich an den in Nikaia herrschenden Johannes III. Dukas Vatatzes (1222—1254) mit dem Titel „Kaiser (Basileus) der Griechen” und betitelt sich selbst stolz als „Friedrich von Gottes Gnaden Kaiser (Basileus) der Romaier. . .”. Bereits im 6. Jahrhundert bestritten die Goten aus Italien den Byzantinern das Recht, sich „Romaier” zu nennen und bezeichneten sie einfach als „Griechen”. Die Benennung „Romaier”, die nicht nur die Idee von der Nachfolge des antiken Römischen Reiches, sondern auch den Anspruch auf eine „Weltherrschaft” birgt, wurde auch von den Bulgaren im 9. Jahrhundert betstritten. In den protobulgarischen Inschriften werden die Byzantiner üblicherweise „Griechen” oder allgemein „Christen” genannt.

 

Viele Jahrhunderte lang blieb aber die Stellung des byzantinischen Kaiserreichs als Nachfolger der heidnischen antiken Bildung unbestritten. In allen Jahrhunderten setzten die Byzantiner die Tradition der heidnischen griechischen Bildung fort. Bereits in ihrer Jugend beschäftigten sie sich eingehend mit den Werken vieler klassischer Autoren. Die größte Anzahl von gegenwärtig erhaltenen Abschriften der Werke klassischer Schriftsteller stammt gerade aus dem byzantinischen Zeitalter, in dem sie mehrfach sorgfältig abgeschrieben und verbreitet wurden. Dieselben antiken Autoren, deren Werke die gebildeten Kreise Westeuropas erst zur Zeit des Humanismus und der Renaissance kennenlernten, waren den Byzantinern bereits seit Jahrhunderten bekannt. Es genügt, den Namen des „Vaters der Dichter”, Homer, zu nennen. Die „Ilias” und die „Odyssee” waren sogar für den mittelmäßig gebildeten Byzantiner ein allgemein zugängliches Kulturgut: sie wurden nicht nur eifrigst gelesen, abgeschrieben, und erlernt, sondern auch mehrfach „wiedererzählt” und gedeutet. Viele gebildete Byzantiner befaßten sich eingehend mit diesen Werken und kommentierten sie in ihren besonderen Schriften (111). So sind unter dem Namen Isaak Porphyrogennetos, identifiziert mit dem Kaiser Isaak I. Komnenos

 

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(1057—1059), zwei kleine, Homer gewidmete Werke erhalten. Der Dichter Johannes Tzetzes (um 1100—1180) kannte ausführlich zahlreiche Werke der klassischen Literatur, besonders die Dichtungen Homers. Aus seiner Feder stammen die „Allegorien zur Ilias und Odyssee”, die eine außerordentlich gründliche Belesenheit zeigen, obwohl sie viele Ungenauigkeiten und willkürliche, für das byzantinische Zeitalter typische Deutungen enthalten.

 

Mit den Werken des ruhmvollen antiken Dichters haben sich auch Kirchenleute eifrigst beschäftigt. In den Schriften der byzantinischen Kirchenschriftsteller kommen sehr oft umfangreiche Zitate aus der „Odyssee” und der „Ilias” oder auch nur einfache Andeutungen vor. Es genügt, die Briefe des Erzbischofs Theophilaktes von Ochrida (um das Ende des 11. und zu Anfang des 12. Jahrhunderts) (112) zu lesen, um sich davon zu überzeugen, wie gut er die beiden Werke gekannt und mit welcher Bereitschaft er daraus wortwörtliche Zitate oder Andeutungen anführt. Ein anderer angesehener byzantinischer Geistlicher aus dem 12. Jahrhundert, der belesene Erzbischof von Thessalonike, Eustathios (gestorben um 1194), hat ebenfalls die Werke Homers ausgezeichnet gekannt und umfangreiche, außerordentlich interessante Kommentare dazu verfaßt. Auch der bedeutende byzantinische Historiker Nikephoros Gregoras, (1290/91—1360) verfaßte einen Kommentar der „Odyssee”, der Gelehrte aus dem 14. Jahrhundert, Georgios Lakapenos, untersuchte in einer Schrift die gestaltenreiche poetische Sprache des antiken Dichters. Keinerlei religiöse Verbote schränkten die Ehrerbietung der byzantinischen Schriftsteller gegenüber Homer ein. Der heidnische Dichter wurde neben den Büchern der Bibel als höchste „Autorität” zitiert. Ein höchst überraschendes Beispiel ist die „Geschichte” eines der bedeutendsten byzantinischen Historiker, Niketas Choniates, (geboren um die Mitte des 12. Jahrhunderts, gestorben 1213): häufig kommen auf ein und derselben Seite seiner beachtlichen „Geschichte” Zitate oder Andeutungen aus Homer neben Zitaten aus den Psalmen Davids (113) vor.

 

Völlig verschieden ist die Situation in Westeuropa, wo in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters die Werke der griechischen klassischen Autoren nur wenig bekannt, zuweilen sogar völlig unbekannt waren. Ein Beispiel: der große italienische Dichter und Vertreter des Humanismus, Francesco Petrarca (1304—1374) hat sich erst um 1353/54, als 50 jähriger, eine griechische Handschrift mit dem Text der „Ilias” von dem byzantinischen diplomatischen Gesandten, Nikolas Sigeros, beschaffen können (114). Aus Unkenntnis der griethischen Sprache blieb ihm aber dieser seit langem begehrte Schatz der antiken Literatur unzugänglich. „Du hast mir Homer geschenkt”, schrieb er seinem Freund (115). „Dein Homer bleibt aber für mich stumm, weil ich für ihn taub bin. Ich freue mich aber dabei schon, ihn ansehen zu können, umarme ihn oft und sage seufzend: O du großer Mann, wie gern würde ich deiner Stimme lauschen! . . .” Der jüngere Zeitgenosse und Freund Petrarcas, der Dichter und Humanist Giovanni Boccaccio (1313—1375), mußte noch zehn Jahre warten, bis der kalabrische Grieche, Leontio Pilato, (gestorben 1365) in den Jahren 1358—1362 eine wortwörtliche Übersetzung der „Ilias” anfertigte (116).

 

Der eminente deutsche Literarhistoriker Eduard Norden betont in seiner Erörterung des Themas „Die Antike im Mittelalter , daß „die Bedeutung des Mittelalters auf literarischem Gebiet in der Vermittlung der antiken Bildung für die moderne Zeit besteht” (117). Diese Behauptung gilt aber in viel höherem Maß gerade für das byzantinische Kaiserreich, wo die Denkmäler der antiken Literatur besser erhalten, in viel

 

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größerem Umfang bekannt und verbreitet waren. Der deutsche Gelehrte fügt noch folgende Einzelheit hinzu: er verweist auf die Byzantiner, die den „Barbaren” die von der Antike ererbte Kultur und im besonderen die Literatur übermittelt haben (118). „Dieselben Barbaren, die anfangs als Zerstörer der uralten Kulturen auftraten, erwiesen sich als Beschützer, seitdem sie begannen, auf dem Boden dieser Kultur in friedlicher Arbeit neue Reiche zu gründen. . . Denn die antike Kultur wurde den Barbaren ja eben durch das Christentum vermittelt, und mit diesem übernahmen sie die Grundlage, auf der jene sich aufbaute — die alte Literatur”. In diesen Überlegungen berücksichtigt Eduard Norden nur die Entwicklung der westeuropäischen Welt. Seine Behauptung betrifft eigentlich in nicht geringerem Maße auch das diesbezügliche Verdienst des byzantinischen Kaiserreichs gegenüber den Slaven. Notwendig ist die wenn auch nur flüchtige Ermittlung, inwieweit die mittelalterlichen Bulgaren die antike Kultur und Literatur gekannt und wieviel sie auf diesem Gebiet der byzantinischen Vermittlung zu verdanken haben. Die drei ethnischen Elemente: Thraker, Slaven und Protobulgaren, aus denen die bulgarischen Nation im Mittelalter entstanden und der bulgarische Staat aufgebaut worden ist, traten auf verschiedene Weise mit der antiken Kultur in Berührung. Die das Landesgebiet der Balkanhalbinsel bewohnenden Thraker haben die antike Kultur bereits seit prähistorischen Zeiten gekannt, da sie mit ihren Schöpfern, den antiken Griechen, Fühlung hatten, deren zahlreiche Denkmäler in diesen Gebieten verstreut sind. Soweit die antike thrakische Bevölkerung auf der Balkanhalbinsel, nach allen „barbarischen” Einfällen während der ersten Jahrhunderte unseres Zeitalters, erhalten geblieben ist, war sie für die neuen Siedler, die Slaven und Protobulgaren, Träger eines Teils der einstigen antiken Kultur. Sie wurde den neuen Einwohnern natürlich in verhältnismäßig beschränktem Umfang und nur eindeutig vorgestellt. Die Denkmäler der antiken materiellen Kultur waren weitgehend zerstört. Die erhaltene alte thrakische Bevölkerung vermittelte den neuen Siedlern die Kultur der Antike nur sporadisch, und zwar als Kult und Aberglaube, Legenden und Überlieferungen oder durch die Toponymie und Hydronymie.

 

In den Gebieten der Balkanhalbinsel haben auch die Slaven und Protobulgaren zur Zerstörung der vorgefundenen Denkmäler der alten materiellen Kultur beigetragen. Bei der Errichtung ihrer Hauptstädte Pliska, Preslav und später Tărnovo sowie vor allem in den benachbarten großen Orten Marcianopolis und Nicopolis ad Istrum („an der Donau”) verwerteten sie häufig Überreste antiker Bauwerke als Baustoffe. Der katholische Erzbischof von Sofia, Petăr Bogdan Bakšev (1601—1674), schildert in der berühmten Beschreibung seiner Reise durch die Gebiete Bulgariens im Jahre 1640 Beobachtungen der Hauptstadt Tărnovo (119). Er entdeckte dort an verschiedenen Orten in die Mauern eingelassene „Marmorplatten und große Steine, in die (Darstellungen) römischer Kaiser und lateinische Inschriften eingemeißelt waren”. Er fügt aber hinzu, daß Jene, die sie in die Wände einließen, sie umgekehrt eingesetzt haben”, woraus zu ersehen sei, daß sie „entweder die lateinische Schrift nicht verstanden oder sich um antike Dinge nicht gekümmert haben”. Derartige eingebaute antike Überreste sind auch heute zu sehen. Die Zerstörung der

 

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antiken Denkmäler und die Verwertung daraus entnommenen Baumaterials erfolgte aber nicht ohne Auswirkungen auf die bulgarische Bautätigkeit. Offensichtlich wurden nicht nur Baustoffe, sondern auch architektonische und kunstvoll gestaltete Formen verwendet. Wenn wir heute in Denkmälern der bulgarischen Baukunst vom 9. und 10. Jahrhundert byzantinische oder spätantike Bauelemente feststellen (120), müssen wir uns diese Erscheinung mit der Verwertung von an Ort und Stelle vorgefundenen antiken Baukunstdenkmälern erklären.

 

Die inoffizielle und die offizielle Bekehrung zum Christentum eröffnet dem starken Einfluß der klassischen Antike noch umfangreichere Möglichkeiten durch die patristische und byzantinische Literatur. Besonders kennzeichnend ist in dieser Hinsicht das Leben des Schöpfers des slavischen Alphabets, Konstantin Philosoph Kyrill (121) (826/27—869). Seinem Biographen zufolge, der mit großer Wahrscheinlichkeit mit seinem Schüler, dem späteren Bischof von Ochrida Klemens zu identifizieren ist, hat Konstantin, nach Abschluß der primären Ausbildung, „sich in seinem Heim eingeschlossen und die Schriften des Gregorios des Theologen auswendig gelernt” (122), und zwar, natürlich, in griechischer Sprache. Die eingehende Beschäftigung mit den Werken des großen patriotischen Schriftstellers wirkt sich auf den wißbegierigen jungen Mann sehr stark aus und äußert sich in seiner gesamten weiteren Tätigkeit auf dem Gebiet des Schrifttums. Sein erstes Werk, eine siebenstrophige Dichtung (123), widmet er Gregorios dem Theologen. Konstantin befaßte sich, übrigens, nicht nur mit den Reden und Dichtungen, sondern auch mit der Korrespondenz seines bevorzugten patristischen Schriftstellers. Ein vergnügliches Zeugnis darüber verdanken wir seinem Biographen. Bald nach dem Jahre 843 wurde in der bvzantinischen Hauptstadt auf Initiative des kaiserlichen Hofes und selbst des Patriarchats eine Diskussion mit dem abgesetzten Patriarchen, dem Ikono-klasten Johannes VII. dem Grammatiker (837—843) veranstaltet (124). Der Biograph berichtet, daß man als Verteidiger der Orthodoxie und Ikonodulie den jungen Konstantin bestimmte. Für diese Diskussion verfaßte der belesene junge Mann vermutlich eine besondere Erzählung (125), die sein Biograph später verwertete. Bei dem veranstalteten Treffen forderte Konstantin den abgesetzten Patriarchen auf, sich an der gewünschten Diskussion zu beteiligen, die zum Triumph der griechisch-orthodoxen Auffassungen von der Ikonodulie führen sollte. Dieser Aufforderung entgegnete der Patriarch, den Worten des Verfassers der Vita zufolge, die zweifellos der Erzählung Konstantins entnommen sind, folgendes: „Es steht nicht an, im Herbst nach Blumen zu suchen, noch einen Greis, einen Nestor, wie einen Jüngling in den Krieg zu schicken”. Die wissenschaftliche Literatur verzeichnet widersprechende Meinungen über die Identifizierung des in diesen Zeilen erwähnten Nestor (126). Nach manchen Verfassern ist hier von dem Helden Homers, Nestor, die Rede; andere Wissenschaftler vermuten dagegen, daß eigentlich der christliche Märtyrer Nestor gemeint ist. Diese Frage ist aber nicht durch die Untersuchung der Identifizierung an dieser Stelle der Vita Konstantin des Philosophen zu lösen. Es erweist sich, daß dies ein fast wortwörtliches Zitat aus der bekannten, um 372 verfaßten Epistel des Gregorios von Nazianz an seinen Neffen Nikobulos ist (127).

 

Es ist schwerlich nachzuweisen, ob der ehemalige Patriarch Johannes VII. der Grammatiker dieses Zitat im Dialog mit dem jungen Konstantin

 

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der Korrespondenz des erwähnten patristischen Schriftstellers entnommen, oder ob Konstantin, der die Werke von Gregorios dem Theologen so gut kannte und hoch schätzte, diese Worte seinem Diskussionsgegner in den Mund gelegt hat. Die zweite Annahme ist wahrscheinlicher. Die von Konstantin verfaßte Erzählung über die Diskussion ist durchaus ein literarisches Werk im Geist des damaligen byzantinischen Schrifttums. Das Ereignis wird in literarischer Bearbeitung erzählt und mit Zitaten patristischer Autoren, wahrscheinlich aus den Büchern der Bibel, bereichert. Gregorios der Theologe zitiert in seiner Epistel den Helden Homers, Nestor, den er als „Ideal eines Greises” betrachtet  (128). Die Erwähnung dieser Gestalt in der genannten Epistel zeugt ebenfalls für eine große Belesenheit und positive Einstellung zur antiken Literatur. Falls aber Konstantin dieses Zitat seinem bevorzugten patristischen Schriftsteller entnommen hat, so ist daraus zu ersehen, daß ihm der Sinn der poetischen Gestalt Homers völlig klar war Woraus schöpfte er diese Kenntnisse?

 

Der Verfasser der Vita Konstantins berichtet, daß er bereits in einer Jugend eine sehr gute Ausbildung erhalten hat (129). Nach den in seiner Geburtsstadt Thessalonike erworbenen Grundkenritnisen fuhr er zur weiteren Ausbildung in die byzantinische Hauptstadt. „Und als er in der Kaiserstadt eintraf”, erzählt sein Biograph, „vetraute man ihn Lehrern an, damit er lerne. Und als er in drei Monaten die Grammatik erlernt hatte, nahm er sich die übrigen Fächer vor. Und er erlernte Homer und die Geometrie und bei Leon und Photios Dialektik und alle philosophischen Wissenschaften, mit ihnen auch die Rhetorik und Arithmetik, Astronomie und Musik sowie alle übrigen hellenischen Wissenschaften”. Seine Lehrer gehören, übrigens, zu den angesehensten byzantinischen Gelehrten des 9. Jahrhunderts: Leon, der Philosoph und Mathematiker (858—867), sowie der künftige Patriarch von Konstantinopel Photios (876—886). Sie sind die beiden bedeutendsten Vertreter der byzantinischen Frührenaissance (130). Durch die Beschäftigung mit dem patristischen Schrifttum, besonders mit dem in der klassischen Literatur belesenen Gregorios dem Theologen sowie unter dem Einfluß des Photios und seiner Schule entwickelte sich Konstantin zu einem begabten, der Kulturblüte seines Zeitalters würdigen Schriftsteller mit umfangreicher Bildung Seine Belesenheit in der patristischen und byzantinischen Literatur äußert sich in seinen griechischen und slavischen Schriften, in Stil und Sprache sowie in der Komposition (131). Das Vordringen dieser Einflüsse in das frühe slavische Schrifttum ist ihm zu verdanken. Es genügt, auf Komposition und Stil der Ausführlichen Vita Methods hinzuweisen, die höchstwahrscheinlich Klemens von Ochrida geschrieben hat (132): sie zeigt zweifellose Spuren der von Gregorios dem Theologen verfaßten bekanten Grabrede für Basilios von Cäsarea (133). Die Unterrichtung über die antike Kultur und Literatur durch byzantinische Vermittlung hat sich deutlich ausgewirkt: die Erkennung der Antike erfolgte mit dem Blick und nach der Auslegung der Byzantiner. Besonders bezeichnend ist der Fall mit Joan Exarcha (134), dem altbulgarischen Schriftsteller aus dem Zeitalter des Tzaren Symeon, d. h. um das Ende des 9. und im ersten Viertel des 10. Jahrhunderts. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts geboren, verbrachte er wahrscheinlich einige Jugendjahre in Byzanz, wo ihm eine weitere Ausbildung mit dem dritten Sohn des Fürsten Boris-Michail (852—889), dem künftigen bulgarischen Herrscher Symeon, ermöglicht wurde.

 

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Dort erwarb er sich gründliche Kenntnisse der griechischen Schrift- und Umgangssprache sowie der griechischen patristischen und byzantinischen Literatur, die seine gesamte spätere literarische Tätigkeit bestimmen.

 

Das von Joan Exarcha zusammengestellte „Hexaemeron” ist im Grunde eine Komposition von vorwiegend übersetzten Auszügen aus den Schriften patristischer und teilweise byzantinischer Verfasser. Durch byzantinische Vermittlung lernt er aber auch Fragmente klassischer Schriftsteller kennen. Der altbulgarische Schriftsteller wirkt als treuer Nachfolger der großen patristischen Apologeten der christlichen Lehre: Basilios von Cäsarea, Theodoretos von Kyrrhos, Johannes Chrvsostomos, Severianos, Bischof von Gabala u. a Die antike Denkungsart übt auf seine Weltansehauung einen vorwiegend äußeren und formalen Einfluß aus: trotz allem bleibt er ein Mensch des Mittelalters mit der Weltanschauung seiner Epoche. Sein Werk ist vor allem auf die Klärung und Verteidigung der Kosmogonie des Moses, gegen die Auffassungen der heidnischen Philosophen gerichtet. Im Vergleich zu den Ausführungen in seiner Hauptquelle, den Werken Basilios des Großen, ergänzt Joan Exarcha die Schriften über den menschlichen Organismus durch etwas Neues. Seine Beschreibung des menschlichen Körpers (135) ist eine Entlehnung aus Aristoteles, jedoch nicht unmittelbar aus den Werken des antiken Philosophen, sondern aus einer vom byzantinischen Mönch Meletios in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts (136) als Paraphrase der „Geschichte der Tiere”. (De animalibus historia) des Aristoteles zusammengesetzten byzantinischen Kompilation. Alles ist völlig im Geist der byzantinischen Ansichten von der heidnischen Antike abgefaßt. Die Auszüge aus Aristoteles in der Wiedergabe des byzantinischen Mönchs sind durch Zitate aus Platon und nebenher auch aus den biblischen Propheten ergänzt. Für die Belesenheit des altbulgarischen Schriftstellers im antiken Schrifttum spricht auch die Erwähnung von Namen verhältnismäßig weniger bekannter klassischer Autoren wie Alkmeios von Kroton aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Auch dieser Name ist offensichtlich nur byzantinischen Quellen entlehnt. Die gründliche Kenntnis der antiken Autoren verursacht aber keine Veränderung der christlichen Weltanschauung des Schriftstellers. Die Beschreibung des menschlichen Körpers in durchaus naturwissenschaftlichem Sinn ist der erste Beitrag zur Untersuchung der Physiologie und sogar der Psychologie in der gesamten mittelalterlichen slavischen Literatur, der sich aber in keiner Weise auf seine religiöse Weltanschauung auswirkt. Er findet, im Gegenteil, eine Möglichkeit, alles mit den christlichen Dogmen zu versöhnen sowie die Überlegenheit der christlichen Denkungsart zu betonen. Hier seien einige Überlegungen des Joan Exarcha in Verbindung mit der Theorie einiger antiker Schriftsteller über die fünf Elemente angeführt, aus denen die Natur besteht (137). „Die Philosophen auf dieser Welt sprechen sehr viel vom Himmel: einige sagen, daß die Natur des Himmels aus vier Elementen zusammengesetzt ist, da sie, ähnlich wie die Erde, eine sichtbare und fühlbare Gestalt hat — dies ist das Feuer, während das übrige vermischt ist. Andere Philosophen teilen aber nicht diese Ansicht, sondern behaupten, daß der Himmel einen anderen, einen fünften Körper von völlig verschiedener Natur darstelle — dies ist der Äther, also weder Feuer noch Luft noch Erde noch Wasser noch eines der einfachen Elemente und Dinge. Sie behaupten dies, da die einfachen Elemente eine gerade Bewegung

 

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haben, weil jenes, das leicht ist, nach oben steigt, während das Schwere hinabsteigt. . . (So) weisen sie die Meinung der ersten Philosophen zurück und äußern ihre eigene Meinung, wobei sie annehmen, daß der Himmel und die Sterne aus einem fünften Körper zusammengesetzt sind. In neuerer Zeit ist ein anderer (Philosoph) aufgetaucht, der alles das zurückwies. Lassen wir aber sie alle ihre Behauptungen gegenseitig widerlegen und halten wir uns selbst an die Worte Moses, rühmen wir Gott den Schöpfer, der den Himmel und die Erde geschaffen hat. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. . . (138). Warum, übrigens, spricht du, Parmenides, und (du), Thaies, so ins Leere, und du, Demokrit, und du, Diogenes, sprichst so lügnerisch, daß die Luft und das Wasser und das Feuer (Bestandteile von allem in der Welt seien). . ., wobei ihr euch selbst, einer dem anderen widersprecht und über alles das zu schwätzen fortfahret?. . .”

 

Im griechischen Text des „Hexaeme-ron” des Basilios werden wir umsonst eine Erwähnung dieser heidnischen Philosophen suchen. Vorerst ist es unmöglich, auf eine patristische oder byzantinische Urquelle hinzuweisen, aus der der bulgarische Schriftstel-' ler diese Überlegungenentlehnen konnte. Betrachten wir aufmerksamer diesen Text des „Hexaemerons” des Joan Exarcha: darin werden mehrere Namen griechischer Philosophen' aus dem heidnischen Altertum aufgezählt. An erster Stelle ist der Philosoph Parmenides erwähnt, der in Elea (Italien) um 513 v. Chr. geboren wurde und die sogenannte „Eleati-sche philosophische Schule” gegründet hat. Unmittelbar danach erwähnt Joan Exarcha den Namen des ionischen Philsophen Thaies von Mi-let, der zu den berühmten „sieben Weisen” der Antike gehört, um 636 geboren und im Alter von 90 Jahren um 546 v. Chr. gestorben ist. Bekanntlich war Thaies im antiken Griechenland einer der Begründer des philosophischen und mathematischen Wissens, wonach er die Auffassung vertrat, daß das Wasser das Hauptelement aller Dinge in der Natur sei und daß jedes Ding sich in Wasser oder Flüssigkeit auflöst. Er soll auch eine Sonnenfinsternis zur Zeit des typischen Königs Aliatis (617—560 v. Chr.) vorausgesagt und während der Regierung seines Sohnes und Nachfolgers, Kroisos (560—546 v. Chr.), den Fluß Halys abgelenkt haben. An dritter Stelle wendet sich Joan Exarcha an den um 460 in Abdera in Thrakien geborenen und in weit fortgeschrittenem Alter 361 v. Chr. gestorbenen Philosophen Demokrit. Bekanntlich besaß er umfangreiche Kenntnisse auf verschiedenen Gebieten: Naturwissenschaften, Mathematik, Grammatik, Musik und Philosophie; er entwickelte die vom Philosophen Leu-kippos formulierte Wissenschaft vom Atom. An letzter Stelle erwähnt Joan Exarcha den Namen des kynischen Philosophen Diogenes, geboren in Sinope an der südlichen Schwarzmeerküste um 412. gestorben 323 v. Chr. Was der altbulgarische Schriftsteller von diesen antiken Philosophen gewußt und woher er diese Angaben geschöpft hat, um sie hier und anderswo in seinem „Hexameron” (139) zu erwähnen, ist sehr schwer festzustellen. Auf jeden Fall ist nicht daran zu zweifeln, daß er seine diesbezüglichen Kenntnisse nicht unmittelbar aus den Schriften der antiken Autoren, sondern wahrscheinlich nur durch die Vermittlung der patristischen und byzantinischen Schriftsteller, besonders des Basilios von Cäsarea bezog. Von diesem bedeutenden Vertreter der patristischen Literatur hat Joan Exarcha viele Kenntnisse auf dem Gebiet der Astronomie, Meteorologie, Geographie, Zoologie, Botanik und anderer Naturwissenschaften er

 

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worben, die schließlich alle auf klassische heidnische Autoren zurückgehen. Durch die Übersetzung von „Nebesa” oder „De orthodoxa fide” des Johannes Damaszenos (140) gelangte Joan Exarcha ebenfalls, auf anderem Wege, zu den Auffassungen einiger antiker heidnischer Autoren auf verschiedenen Wissensgebieten wie Antomie, Psychologie, Geographie, Astronomie u. a. Von der Weltanschauung der erwähnten patristischen und byzantinischen Autoren geprägt, haben sich aber diese Kenntnisse des heidnischen Altertums nicht fühlbar auf die eigene Weltanschauung des altbulgarischen Schriftstellers ausgewirkt: trotz des Einflusses des heidnischen Wissens, blieb er ein Denker mit typisch mittelalterlicher Weltanschauung.

 

Der dritte Sohn des Fürsten Boris-Michail und künftige bulgarische Herrscher Symeon (893—927), verbrachte in seiner Jugend mehrere Studienjahre in Byzanz (141). Als der Bischof von Cremona, Luitprand, im Jahre 961 als diplomatischer Gesandter in Konstantinopel eintraf, erfuhr er verschiedene Einzelheiten über den damaligen Aufenthalt des jungen bulgarischen Fürsten unter den Byzantinern. Man erinnerte sich dort immer noch an die Beschäftigungen des Fürsten mit den Wissenschaften der hellenischen Antike. „Man erzählt”, schreibt Luitprand von Cremona (142), „daß Symeon ein Hämiargon (Emiargon), d. h. Halberieche sei, da er vom Kindesalter an in Konstantinopel die Rhetorik des Derrostienes und die Syllogismen des Aristoteles erlernt habe. . .”. Der westliche Schriftsteller teilt aber leider nichts Genaueres darüber mit, was Symeon aus den Reden des größten der einstigen Athener Redner. Demosthenes (um 384—322 v. Chr.), und den Werken des Philosophen Aristoteles (384—322 v. Chr.) gelernt hat. Wie wirkt sich die Kenntnis und die Beschäftigung mit der heidnischen Antike auf Symeon aus? Ist der Skeptizismus und das „Freidenkertum” des Herrschers in seiner späteren Korrespondenz mit dem bvzantinischen Kaiser Leon VI. (886—912) oder im Verhalten zum Konstantinooler Patriarchen Nikolaos I. Mystikos (901—906, 912—925) auf diese Beschäftigung zurückzuführen? Man bezweifelte die Rechtgläubigkeit des Herrschers und bezichtigte ihn der Neigung zum verworfenen heidnischen Glauben (143). Da ausführliche Angaben darüber fehlen, sind diese Fragen gegenwärtig kaum befriedigend zu beantworten.

 

Der bedeutende altbulgarische Schriftsteller Černorizec Chrabar, der vom Ende des 9. bis zu den ersten Jahrzehnten des 10. Jahrhunderts gelebt hat, war ebenfalls über einige Schriftsteller des heidnischen Altertums sowie Tatsachen aus jenem fernen Zeitalter unterrichtet. Er führt aus byzantinischen Quellen (144) die Geschichte der Entstehung und Entwicklung des griechischen Alphabets (145) kurz aus, erwähnt dabei mehrere Namen antiker Persönlichkeiten: Panamides (richtig: Palamides) aus der Zeit des Trojanischen Krieges, dem, unter anderem, die Erfindung mehrerer Buchstaben des griechischen Alphabets zugeschrieben wurde; Kadmos von Milet, mythologischer Held, eigentlich Vorläufer des Palamides, der von den Phönikiern oder den Ägyptern Schriftzeichen entlehnte und dadurch die ersten 16 Buchstaben des griechischen Alphabets schuf. Černorizec Chrabar erwähnt auch den antiken griechischen Dichter Simonides von der Insel Keos (558/552—468 v. Chr.), der noch einige Schriftzeichen „entdeckt hat. Genannt ist auch der Name des Schriftstellers Epicharmos (in der Form Epicharij, geboren um 540 v. Chr.), der als Schöpfer zweier anderer Schriftzeichen des griechischen Alphabets gilt. Die byzantinischen Chronisten erwähnen die Namen und

 

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die Verdienste dieser Schöpfer des griechischen Alphabets (146). Zweifellos hat der altbulgarische Schriftsteller daraus und nicht unmittelbar aus den Werken der antiken Verfasser diese Angaben gewonnen. Die Kenntnis der Geschichte des im antiken Zeitalter geschaffenen griechischen Alphabets sowie der Geschichte der „Septuaginta”, des von 70 Übersetzern ins Griechische übertragenen Bibel, und der von Aquila im 2. Jahrhundert n. Chr. sowie von Symmachos zur Zeit des römischen Kaisers Septimus Severus (193—211) vorgenommenen Abänderungen führten ihn zu einer für das mittelalterliche Zeitalter ungewöhnlichen Schlußfolgerung: zur Idee der Evolution. Im vollen Gegensatz zu den im Mittelalter vorherrschenden Auffassungen vom statischen Zustand der Natur und allem in der Welt, sogar der Sprache und der Tiernamen (147), gelangte der altbulgarische Schriftsteller zum Schluß, daß Alphabet und Schrifttum auf dem Weg der Evolution entstanden sind. Dieser Lichtblick, der einen wahrhaftigen Wendepunkt in der Weltanschauung des mittelalterlichen Menschen voraussagt, wurde aber bald darauf im Keim erstickt und blieb daher ohne jegliche weitere Auswirkungen.

 

Der byzantinischen Vermittlung verdanken die mittelalterlichen Bulgaren die Kenntnis der Namen und Werke auch anderer Vertreter der antiken Wissenschaft. So werden in einer Vita des Begründers des Rila-Klosters, die der byzantinische Schriftsteller Georgios Skylitzes im 12. Jahrhundert zusammengestellt hat und die nur in mittelbulgarischer Übersetzung (148) erhalten ist, die Namen der zwei berühmtesten Ärzte der Antike genannt: Hippokrates, geboren auf der Insel Kos (um 460-357 v. Chr.) und Claudios Galenos (130 in Pergamion — gestorben um 200). Einzelne Abschnitte ihrer oder ihnen zugeschriebener Werke sind auch in mittelalterlicher slavischer Übersetzung (149) bekannt.

 

Im Jahre 1371 hat der Mönch Isaja die Übersetzung eines Werkes von Dionysios Areopagites abgeschrieben und eine Glosse über die Unruhen seiner Zeit hinzugefügt, in der die Türken unaufhaltsam in das Innere der Balkanhalbinsel vordrangen (150). Darin ruft der fromme Mönch aus: „Und damals beneideten die Lebenden wirklich die früher Gestorbenen. Und, glaubet mir, nicht ich bin unwissend in allem, doch sogar auch der allweise unter den Hellenen Libanios hätte nicht das Böse beschreiben können, das die Christen der westlichen Gebiete (der Balkanhalbinsel) ereilt hat”. Libanios ist aber der letzte bedeutendste Redner und Philosoph, Anhänger des späten Heidentums. Ist dies in den letzten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts vergessen worden oder stand man dem Heidentum bereits völlig gleichgültig gegenüber, um Libanios so großzügig gerade als Schriftsteller und Redner zu loben?

 

Vergessen war auch die Zugehörigkeit des Kaisers Julian des Abtrünnigen (361—363) zum Heidentum, der die alte Religion der Hellenen wiederhergestellt hat. Der Verfasser der 1412 zusammengestellten anonymen bulgarischen Chronik fügt bei der Erwähnung der erfolglosen Belagerung der byzantinischen Hauptstadt durch Sultan Bajazid I. (1389—1402) im Jahre 1394 folgendes hinzu: „Als der ruchlose Bajazid sah, daß er nichts erreichen kann, zog er, von starkem Zorn ergriffen, sein ganzes Heer ab und ging fort. Und da er dies nicht schandvoll tun wollte, legte er die Hand an den Mund und sagte nur diese Worte, mit denen Julian (der Abtrünnige) sich einst vor dem heiligen Basilios von Cäsarea brüstete, als er gegen die Perser zog: 'Im nächsten Jahr werde ich die Stadt

 

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einnehmen.' Ebenso ist auch dieser (Bajazid) fortgegangen, als er diese Worte sprach” (151). Hier liegt nur ein literarischer Vergleich und keine Andeutung des Heidentums des dem christlichen Glauben abtrünnig gewordenen Kaisers vor.

 

Es ist nicht möglich, hier alle vorhandenen Zeugnisse für die Kenntnis des antiken Altertums sowohl in Byzanz als auch im mittelalterlichen Bulgarien anzuführen. Es fehlt immer noch eine ausführliche Untersuchung über die Kenntnisse, die die Byzantiner von dem heidnischen griechischen Altertum besaßen. Wir sind daher gezwungen, uns mit Teilbeiträgen zu begnügen, die einzelne Schriftsteller oder bestimmte historische Zeitabschnitte behandeln. Trotzem ist aber zusammenfassend festzustellen, daß die Byzantiner das heidnische Altertum besser als die Schriftgelehrten Westeuropas gekannt haben. Daher ist es ungerechtfertigt, von einer „Entdeckung” dieses Altertums in seiner ganzen Reichhaltigkeit, wie in Westeuropa zur Zeit des Humanismus und der Renaissance, zu sprechen. Der Hauptunterschied zwischen West und Ost liegt aber woanders. Der gebildete Byzantiner wendet sich der antiken heidnischen Literatur und Kultur zu und sucht dort vor allem Vorbilder für die stilistische und sprachliche Ausschmückung seiner Schriften. Er wendet, demnach, vornehmlich „formale Kriterien” an, hinter denen er den großen Unterschied der antiken Weltauffassung, den vollständigen Gegensatz zur christlichen Weltanschauung nicht erkennt. Das Bestreben, „eine in heidnische Form gekleidete christliche Literatur zu schaffen” (152), führt keinswegs zur Ermittlung des Wesens der heidnischen Literatur und Kultur, sondern eher zu einer vorwiegend äußeren und formalen Annäherung.

 

Es wäre aber übereilt, diese Schlußfolgerung im Hinblick auf das gesamte byzantinische Mittelalter zu formulieren. Wir entdecken dort als Lichtblicke Dichter und Denker, die zu einem viel wahrhaftigeren Verständnis des Wesens der einstigen heidnischen Weltanschauung gelangen. Einer der bedeutendsten Exponenten dieses neuen Verhältnisses zum antiken heidnischen Altertum ist der Philosoph Johannes Italos, der in den süditalienischen Gebieten geboren wurde und im 11. Jahrhundert gewirkt hat (153). Sein Lebenslauf ist verhältnismäßig gut bekannt. Daher erübrigt sich die Wiederholung der über ihn vorliegenden reichhaltigen Angaben (154). Im Jahre 1082 verurteilt ein Kirchenkonzil den „häretischen” Charakter seiner Auffassungen des heidnichen Altertums (155). Die im Synodikon der Kirche von Konstantinopel vorgebrachten Beschuldigungen des Philosophen und seiner Schüler (156), die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ins Bulgarische übersetzt und in das Synodikon der bulgarischen Kirche aufgenommen wurden (157), decken das wahre Gesicht der von ihnen gepredigten Lehre auf. Die Hauptbeschuldigung lautet (157): „Bannfluch über jene, die sich mit den hellenischen Lehren beschäftigen und sie nicht nur zu ihrer eigenen Ausbildung untersuchen, sondern auch die unvernünftigen Meinungen annehmen und ihnen wie irgendwelchen Wahrheiten glauben, sie soweit befolgen, als ob sie etwas Positives ausdrücken, so daß sie sich manchmal heimlich und manchmal auch offen von ihnen und anderen verleiten lassen und sie predigen, ohne irgendeinen Zweifel zu hegen”. Das Kirchenkonzil von Konstantinopel beschuldigte den Philosophen und seine Schüler des Versuchs, „die gottlosen Dogmen der Hellenen” in die griechisch-orthodoxe Kirche einzuführen. Die Verfasser dieses Bannfluchs gegen Johannes Italos und seine Anhänger erklären weiter, daß es sich um hellenische Auffassungen von der menschliehen

 

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Seele, dem Himmel, der Erde und „anderen Schöpfungen” handelt (158). Noch schwerwiegender war die Beschuldigung, wonach Johannes Italos und seine Anhänger die „wahnsinnige Lehre” der heidnischen weltlichen Philosophen bevorzugten, sie als Lehrmeister anerkannten und ihnen folgten. Unter dem Einfluß der heidnischen Denker schlössen sie sich der Lehre von der Metempsychose und der menschlichen Seele an, die, ebenso wie die der stummen Tiere, zugrundegehe und im Nichtsein verschwinde. Durch diese vom heidnischen A-ltertum übernommenen Auffassungen wandten sich Johannes Italos und seine Anhänger gegen einige Hauptdogmen der christlichen Kirche: das Dogma von der Auferstehung, vom Jüngsten Gericht und von der Vergeltung der Taten nach demTode (159). Dies war, offensichtlich, nicht nur eine Unterrichtung über die Lehre der antiken Heiden zur Bereicherung der Kenntnisse und zur Gestaltung von Stil und Sprache, sondern eine Eingliederung in die Weltanschauung der Antike, die zu einer echten Umwälzung der Auffassungen und des Glaubens führte.

 

Einer anderen Beschuldigung zufolge vertraten der italobyzantinische Philosoph und seine Anhänger die Ansicht, daß die „hellenischen Weisen”, d. h. die heidnischen Philosophen, die, nach der Lehre der griechischorthodoxen Kirche, Gründer der Häresien waren und von den sieben ökumenischen Kirchenkonzilen verurteilt wurden, viel besser seien als „die frommen und strenggläubigen Männer”, sowohl hier, auf der Erde, als auch vor dem „künftigen Gericht”. Wenn diese „heidnischen Philosophen” Sünden begangen haben, so sei dies aus menschlicher Leidenschaft oder Unvernunft geschehen (160). Diese Rechtfertigung der heidnischen Denker führt nicht nur zu ihrer vollständigen „Rehabilitation”, sondern räumt ihnen eine viel höhere Stellung als jenen ein, die sich zur griechisch-orthodoxen Kirche bekannten. Hierin äußert sich ein völlig neues, durchaus positives Verhältnis zum heidnischen Altertum. Johannes Italos unternahm, übrigens, keinen Versuch, das Heidentum mit den christlichen Dogmen zu versöhnen, sondern erklärte offen, daß er die Weltanschauung und die Religion des hellenischen Altertums restlos bevorzugt. Dieses neue Verhältnis zur vorchristlichen Kultur war aber nur ein starker Lichtblick in der byzantinischen Renaissance im 11. Jahrhundert. Das Kirchenkonzil von Konstantinopel verurteilte den Philosophen Johannes Italos, seine Schüler und seine Lehre, wonach alles verstummte und in Vergessenheit geriet. Von neuem setzte sich darauf die von den frühen Kirchenvätern vertretene Auffassung vom Heidentum und seiner Kultur durch. Die gebildeten byzantinischen Schriftsteller beschäftigten sich auch weiterhin sehr eifrig mit den in ihre Hände gelangten Werken antiker Autoren, schrieben sie ab, untersuchten sie, ohne jedoch in das Wesen ihrer Weltanschauung als diametralen Gegensatz zur Lehre der christlichen Kirche einzudringen. Wir wissen weiter nichts vom Schicksal des vom Konzil verurteilten Philosophen und „Häretikers”, der von der historischen Bühne verschwand.

 

Die offizielle, von der weltlichen und der geistigen Gewalt geduldete Auffassung der byzantinischen Schriftsteller und gebildeten Persönlichkeiten war in Wirklichkeit ein kaum getarnter Kompromiß (161). Für die Beschäftigung mit der heidnischen Antike und der von ihr ererbten reichhaltigen Literatur suchte man Rechtfertigungen in verschiedenen Richtungen. Die geeignetste war die allegorische oder sinnbildliche Deutung der Schriften antiker Autoren, wo durch eine Versöhnung ihrer Aussagen

 

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mit den kirchlichen Dogmen erreicht wurde. Die allegorische Auslegung fand weitgehende Anwendung während des Mittelalters sowohl durch die Apologeten der offiziellen Kirche als auch durch die Häretiker selbst, die, z. B., die Bibel „nach eigener Art und Weise” deuteten. Auf die Angriffe der Häretiker-Dualisten eingehend, die grundlegende Unterschiede zwischen dem Alten und Neuen Testament hervorhoben, stellte die Kirche die sogenannte „typologische” Auslegung der einzelnen Bibelbücher entgegen: darin werde auf „Umgestalten” (praefigurationes) von Persönlichkeiten, auf Ereignisse aus dem Neuen Testament und der früchristlichen Geschichte hingewiesen. Die „typologische Auslegung” (162) schuf jene Einheit der beiden Testamente, auf der die gesamte Kirchendoktrin aufgebaut ist. Diese Deutung bestand, streng betrachtet, am häufigsten in einer allegorischen Sinngebung im Geist der christlichen Doktrin, der Lehre und der Prophezeiungen der alttestamenti sehen Propheten, denen sich die Häretiker-Dualisten erbittert widersetzten.

 

Der allegorischen Auslegung bedienten sich einige angesehenste Vertreter der frühen griechischen Patristik, hauptsächlich Klemens von Alexandrien (um 150—215) und Origines (gestorben um 253—254), die die antike heidnische Literatur vorzüglich kannten. In seinem Werk „Stromata” untersucht Klemens von Alexandrien, unter anderem, die Frage von der Versöhnung der hellenischen Bildung mit der christlichen Lehre und gelangt zu einer beachtlichen Kompromißlösung (163). Eine Rechtfertigung für die Verwertung der Werke antiker griechischer heidnischer Autoren findet er in der Behauptung, wonach die hellenische Bildung und die gesamte Weisheit der griechischen heidnischen Denker und Dichter nichts anderes als eine Äußerung „göttlicher Einsicht” sei. Mit Hilfe komplizierter, zu jener Zeit willkürlicher chronologischer Berechnungen versucht er nachzuweisen, daß der alttestamentische Prophet Moses den heidnischen Philosophen zeitlich vorausgeht unddieganze Weisheit der antiken griechischen heidnischen Denker nichts anderes als eine Entlehnung aus der alttestamenti-schen Weisheit sei.

 

Nach der Auffassung des Klemens von Alexandrien hat jede Weisheit, unabhängig davon, ob sie einstige Heiden oder Apologeten des Christentums ausgesprochen haben, eine gemeinsame Urquelle—Gott. Und da jede Philosophie von Gott komme, sei es gestattet, alles Positive, unabhängig davon, wo es entdeckt werden kann, für die Ziele des Christentums zu verwerten. Das Wort ist, seinen Ausführungen zufolge, die Quelle jeder Weisheit. Auf solche Überlegungen gestützt, liefert er selbst ein Beispiel für die Verwertung zahlreicher Zitate und Andeutungen aus Werken antiker griechischer heidnischer Schriftsteller zur Stützung der christlichen Dogmen. Stets in gewissem Widerspruch zur historischen Wirklichkeit, äußert Klemens von Alexandrien die Meinung, daß die hellenischen Philosophen und Schriftsteller die Kenntnis der Weisheit der biblischen Propheten den Bibelbüchern verdanken, die 70 Übersetzer auf Geheiß des ägyptischen Herrschers Ptolemaios Philadelphos (283—247 v. Chr.) in Alexandrien übertragen haben (164). Dabei wird aber vergessen, daß die Vermutung eines derartigen Einflusses der altkebräischen Weisheit auf die griechische heidnische Philosophie nur das Zeitalter des Hellenismus und keineswegs das heidnische griechische Denken früherer Zeiten betreffen würde.

 

In seinem Versuch, die Abhängigkeit der antiken griechischen Philosophie von der Weisheit der hebräisehen

 

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Propheten nachzuweisen, äußert Klemens von Alexandrien die Ansicht, daß auch die anderen hebräischen Propheten, ebenso wie Moses, zeitlich älter als alle hellenischen Philosophen und Dichter und, folglich, wahrhaftig Lehrer der Hellenen seien (165). Nach den Behauptungen dieses bedeutenden patristischen Schriftstellers (166) wäre Platon (429/28—347 v. Chr.) Schüler des Moses und habe seine Ansichten über Politik, Gesetzgebung und sogar über die Dialektik von ihm übernommen. Der Ansicht des Klemens von Alexandrien zufolge, sind die heidnischen griechischen Dichter und Denker ganz allgemein der wahrhaftigen Wiederholung, sogar des Plagiats alter hebräischer, biblischer Weisheit zu bezichtigen. Da er, übrigens, Körnchen der Wahrheit in den Werken der alten heidnischen Schriftsteller entdeckt, kann sie der Christ mit ruhigem Gewissen nutzen, weil dies nur eine Widerspiegelung der biblischen Weisheit sei. Diser Autor macht aber noch einen wichtigen Schritt zur Versöhnung der antiken heidnischen Weisheit mit der christlichen Lehre: nach seinen Worten sei die Wahrheit, im Gegensatz zur Lüge, etwas Einheitliches, unabhängig davon, wer diese Wahrheit ausgesprochen hat.

 

Origines, Schüler des Klemens von Alexandrien und ebenso gründlicher Kenner der antiken Literatur (167), mit Rechtals „derbeste Gelehrte des christlichen Altertums” betrachtet, hat die Auffassungen seines Lehrers von der Versöhnung dieser Literatur mit dem Christentum weiter entwickelt. Er übernahm von den Stoikern die allegorische Methode der Auslegung heidnischer religiöser Mysterien und wandte diese Methode bei der Deutung von Büchern des Alten Testaments und Werken heidnischer Schriftsteller an. Er vertrat die Ansicht, daß die eingehende Beschäftigung mit den Werken dieser Schriftsteller eine Vorbereitung auf die christliche Philosophie und Frömmigkeit sei. Daher empfahl er seinen Schülern, sich mit diesen literarischen Werken eingehend zu befassen.

 

Infolge eines langen, quälenden Prozesses der Schwankungen im Verhältnis der Christen zum heidnischen Erbgut gelangte man allmählich zu einem positiven Standpunkt, der eine vollständigere, sogar gänzliche Verwertung dieses Erbguts gestattete. Noch einen wichtigen Fortschritt erreichte in dieser Richtung ein anderer, in der antiken Literatur sehr belesener patriotischer Schriftsteller, Theodoretos von Kvrrhos (um 363—460). Eines seiner Werke trägt die Überschrift „Heilung der hellenischen Leiden” (Graecarum affectionum curatio). Eine zweite Überschrift erklärt noch besser diesen auf den ersten Blick überraschenden Titel: „Erkennung der Wahrheit des Evangeliums mit Hilfe der hellenischen Philosophie” (168). Nach den Worten eines der besten Kenner” der patristischen griechischen Literatur sei dieses Werk von Theodoretos von Kyrrhos eine der besten Apologien des christlichen Glaubens. Eigentlich sind darin verhältnismäßig wenige neue und originelle Ideen dargelegt: Am häufigsten entwickelt und wiederholt der Verfasser nur von seinen Vorgängern bereits ausgesprochene Auffassungen zugunsten eines positiven Verhältnisses zur alten griechischen heidnischen Literatur. Über die Werke der antiken heidnischen Autoren erstaunlich gut unterrichtet, führt Theodoretos von Kyrrhos in seinem Buch zahlreiche Auszüge aus ihren Werken an, um die Dogmen des Christentums zu stützen und zu beleuchten.

 

Durch die Belesenheit einiger angesehener Vertreter der patristischen Literatur gelangt das Mittelalter zu einer „Versöhnung” des heidnischen Altertums mit der christlichen Lehre. Zitate von Auszügen aus Werken

 

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antiker heidnischer Schriftsteller und ihre Deutung im Geist des Christentums sind gestattet. Am häufigsten gelangen die Apologeten des Glaubens nicht zu den Urquellen, d. h. zu den Originalwerken des einen oder anderen antiken Schriftstellers, sondern bedienen sich der „Florilegien”, d. h. der Blütenlesen (Anthologien), Sammelwerke, ausgewählter Ausdrücke. Wer war in der Lage oder wer hatte den Wunsch bei dem gesunkenen Bildungsstand genau festzustellen, ob das eine oder andere Zitat tatsächlich dem Werk eines angesehenen Autors der heidnischen Antike entnommen ist? Wer konnte die Authentizität des Inhalts überprüfen? In dieser „Aussöhung” des hellenischen Altertums mit dem Christentum ist noch ein Fortschritt.zu verzeichnen: nichtauthentische Gedanken und Voraussagungen über das Christentum werden großen antiken Schriftstellern in den Mund gelegt, authentische Zitate mit größeren oder kleineren Text veränderungen als Prophezeiungen abgefaßt.

 

Anonyme Schriftsteller haben übrigens bereits im frühen Mittelalter Sammelwerke mit derartigen „Aussagen” und Prophezeiungen zusammengestellt und dabei den Philosophen, Schriftstellern und anderen namhaften Persönlichkeiten des Altertums Prophezeiungen über die Geburt Christi, die Dreifaltigkeit, die christliche Kirche, den Sieg der christlichen Lehre usw. zugeschrieben. Der österreichische Wissenschaftler, Adolph von Premerstein, erwarb sich das große Verdienst, als erster mit größtem Nachdruck auf die notwendige Veröffentlichung und Untersuchung dieser „Theosophien” (Theosophiae), d. h. „Gottesweisheiten”, hingewiesen zu haben (169). Zu Anfang des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte der berühmte deutsche Altphilologe, H. Erbse, einen umfangreichen Sammelband derartiger „Prophezeiungen”, die hauptsächlich nichtveröffentlichten und unbekannten Handschriften entnommen sind (170). Dieses 1941 in Hamburg erschienene wertvolle Werk wurde aber bei den Luftangriffen vernichtet. Da nur wenige Exemplare erhalten sind, ist es fast unbekannt geblieben und den Forschern nur schwer zugänglich. Aus den zahlreichen Abschriften, in denen diese „Theosophien” vorkommen, ist zu schließen, daß sie im byzantinischen Schrifttum eine sehr weite Verbreitung gefunden haben. Ein Teil blieb anonym, während andere, entweder in Prosa oder in Versen abgefaßt, sehr gut bekannten Namen aus der Antike zugesschrieben wurden. Als Verfasser dieser Prophezeiungen treten nicht nur antike Dichter und Denker, sondern sogar auch einige heidnische Gottheiten auf, wobei nur ihre Namen, ohne genauere Bestimmung erwähnt sind. So wurden, z. B., dem antiken griechischen Gott Apollon, in manchen Schriften ganz einfach „irgendein Weiser” genannt, verschiedene Prophezeiungen in den Mund gelegt. Als Verfasser weiterer Prophezeiungen nannte man Artemis, Hermes, Orpheus sowie die Philosophen und Schriftsteller Platon, Plutarchos, Solon, Aristoteles, Porphyrios, Iambilichos, Sophokles, Menandros, die „sieben Weisen” der Antike, das Delphische Orakel, sogar den als Rhetor erwähnten Historiker Thukydides und viele andere.

 

Derartige Sammlungen von Prophezeiungen antiker Dichter und Denker wurden, soweit feststellbar, im Oströmischen Reich bereits in einem sehr frühen Zeitalter, und zwar um das 4. bis 5. Jahrhundert, von Schriftstellern zusammengestellt, die für uns anonym geblieben sind. Manche dieser Sammlungen von Prophezeiungen drücken das positive Verhältnis zur antiken heidnischen Weisheit mit besonderem Nachdruck aus. So lesen wir in einem dieser Texte folgendes: „Die Zeugnisse der hellenischen Weisen für

 

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Gott dürfen nicht zurückgewiesen werden. Denn es ist nicht offensichtlich, daß Gott (unmittelbar) zu den Menschen spricht, weil er die Geister der guten Menschen anregt, damit sie Lehrmeister der Mehrheit werden. Und wer diese Zeugnisse zurückweist, der weist auch Gott zurück, der sie hervorgerufen hat. . .” (171). Weder die Unwahrscheinlichkeit noch die historische Unzuverlässigkeit der Prophezeingen, die Jahrhunderte vor dem Christentum lebenden Heiden in den Mund gelegt wurden, waren, natürlich, für den unkritischen Leser fragwürdig genug, um Zweifel an diesen Schriften hervorzurufen. Das erreichte Ergebnis war, schließlich und endlich, positiv: durch die scheinbare Versöhnung der heidnischen Weisheit und der hellenischen Bildung mit den christlichen Dogmen hatten die Schriftsteller und die gebildeten Kreise des byzantinischen Mittelalters die Möglichkeit, die Werke der antiken heidnischen Dichter mit ruhigem Gewissen zu lesen, abzuschreiben und zu deuten.

 

Diese Art von literarischen Werken ging von Byzanz durch mehrfache Abschriften und weite Verbreitung auch auf die griechisch-orthodoxen Slaven über (172). Prophezeiungen heidnischer Philosophen und Schriftsteller über das Christentum waren auch Konstantin von Kostenec bekannt (173), der manche davon in die bald nach 1431 (174) verfaßte Lebensbeschreibung des serbischen Despoten Stefan Lazarevic (1389—1427) aufgenommen hat. Das Urteil dieses spätmittelalterlichen Schriftstellers über diese „Prophezeiungen” entspricht völlig dem Geist der byzantinischen Ansichten. Er schließt sich der bereits von den patristischen Schriftstellern formulierten Behauptung an, daß die heidnischen Weisen zu einer partiellen Erkenntnis der Wahrheit gelangt sind und daher das Christentum vor den biblischen Propheten prophezeit haben. Konstantin von Kostenec. beruft sich auf den Evangeliumstext (Die Apostelgeschichte des Lukas, 9, 15) und nennt diese vorchristlichen Propheten „auserwählte Gefäße”. „Denn”, schreibt er (175), „auch wenn in vielen barbarischen Ländern auserwählte Gefäße geblüht haben, in denen Gott (Jesus Christus) sich mit Gottvater eine Behausung geschaffen hat, sind sie aber nicht auch in den menschlichen Taten so erstrahlt, um die antiken Hellenen nach Mannhaftigkeit, Fragen und Antworten sowie nach anderem zu übertreffen, womit jene vorher berühmt geworden sind und vor den Propheten prophezeit haben, indem sie sich anschickten, die menschlichen Dinge und dann jenes aufzudecken, was in der Luft ist und am höchsten steht. Daher deckte ihnen auch Gott auf, damit sie teilweise die Wahrheit berühren. Denn Thukydides sagte: 'Eins sind die Drei und die Dreieinigkeit ist fleischlos'. Dies ist, bildlich gesprochen, die Dreifaltigkeit. Und Aristoteles: 'Die Natur des göttlichen Lebens ist ewig, hat keinen Anfang, und ihr entspringt das allmächtige Wort (Christus)'. Und der dreimal Große Hermes (sagt): 'Ich beschwöre dich, Himmel, Werk des großen Gottes, beschwöre dich mit väterlicher Stimme, die früher prophezeit hat, als die ganze Welt gefestigt wurde, ich beschwöre dich im Namen seines gleichartigen Wortes und Geistes'. Und Staik (Stoiker) (sagt): 'Ehren wir Maria, die das Sakrament gut verborgen hat, denn aus ihr wird Christus geboren werden'. Und Thoulis (sagte): 'Erst Gott, dann Wort und Geist mit ihm'. Platon und Orpheus sowie andere (sagten) dasselbe. . .”. Der mittelalterliche bulgarische Schriftsteller hat diese Prophezeiungen zweifellos einem Sammelwerk entlehnt, das mit Sicherheit leider nicht leicht zu ermitteln ist. Die Urquelle dieser Voraussagungen ist aber in der byzantinischen Literatur zu suchen. In diesen Sammlungen

 

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von Prophezeiungen kommen zuweilen neue Namen wenig oder völlig unbekannter Personen vor. So finden wir in einer serbischen Handschrift aus dem 17. Jahrhundert (176) Thukydides, Sophokles, der Sibylle und Platon zugeschriebene Prophezeiungen und auch Verkündigungen des ägyptischen Herrschers Thoulis, des Astakie (d. h. Astakis) sowie des jüdischen Historikers Joseph Flavius, dessen Erzählung „Der judäische Krieg” ziemlich früh ins Slavische übersetzt worden war (177).

 

Diese „Versöhnung” des heidnischen Altertums mit der christlichen Kirche hatte aber auch eine negative Wirkung. Die Byzantiner, durch sie auch die griechisch-orthodoxen Slaven, haben auf diese Weise die antike griechische Literatur wirklich kennen gelernt; weltliche Schriftsteller und Geistliche kopierten und verbreiteten eifrig die Werke der antiken heidnischen Autoren und verwahrten sie dadurch für die künftigen Jahrhunderte. Nicht dies war aber das echte Gesicht des heidnischen griechischen Altertums. Die gebildeten Kreise im byzantinisch-slavischen Mittelalter gewannen einen Einblick in die vergangene Welt des Heidentums vornehmlich, häufig sogar ausschließlich mit den Augen der christlichen Kirche. So blieb die heidnische Kultur und Literatur ihnen oft völlig fremd und dem Wesen nach vollständig unbekannt. Byzanz, das den größten Teil der antiken Literatur und des gesamten antiken Kulturerbes beherrschte, hatte es nicht nötig, diese Antike zu „entdecken”, gelangte aber, anderseits, nicht zur echten Kenntnis. Der Westen, der während des Mittelalters die antike heidnische Literatur und Kultur verhältnismäßig viel weniger gekannt hat, „entdeckte” sie tatsächlich im Zeitalter des Humanismus und der Renaissance und drang in ihr echtes Wesen ein. Infolgedessen können wir bei Byzanz und dem griechisch-orthodoxen Slaventum nu von Erscheinungen einer „Vorrenaissance” oder eines „Vorhumanismus” und nicht von Humanismus und Renaissance im wahrhaftigen Sinn dieser Begriffsbestimmungen sprechen. Aus historischen Gründen, und zwar infolge der eigenartigen inneren Entwicklung, vor allem der sich durchsetzenden kirchlichen Deutung der heidnischen Antike, sowie, an zweiter Stelle, wegen der abrupten Unterbrechung der kulturellen Entfaltung durch die osmanische Eroberung, haben sich Humanismus und Renaissance in Byzanz und unter den griechisch-orthodoxen Slaven nie weiter entwickelt und auch nicht ihren logischen Abschluß wie im europäischen Westen gefunden.

 

Das wachsende Interesse der byzantinisch-slavischen Welt griechisch-orthodoxen Glaubens für die heidnische Antike während der letzten Jahrhunderte des Mittelalters und zu Anfang der Neuzeit, das sich in gleicher Weise in der Literatur und der bildenden Kunst äußert, ist weitgehend auf die große Krise infolge der türkischen Eroberung zurückzuführen. Die eindringenden Türken eroberten Gebiete des Byzantinischen Kaiserreichs und der slavischen Balkan-staaten nicht nur mit Waffengewalt (178). Der Islam erschien in diesem Raum als Träger einer neuen Religion, sogar einer neuen, vom Christentum sehr verschiedenen „Ideologie”. Stichhaltige historische Zeugnisse aus dem Zeitalter der türkischen Eroberung sprechen für den freiwilligen Übertritt einzelner Persönlichkeiten byzantinischer Gesellschaftskreise zum Glauben Mohammeds. Besondere Umstände begünstigten zu jener Zeit diesen Übertritt zum Islam. Sehr verbreitet war, z. B., die Auffassung vom Islam nicht als eine Art neuer, dem Christentum entgegengesetzter Religion, sondern nur als eine Häresie der christlichen Lehre (179). Die christliche

 

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Gesellschaft von Byzanz und des griechisch-orthodoxen Slaventums erlebte eine Krise auch infolge der militärischen Erfolge der Eroberer. Bedeuteten die so großen Erfolge der aus den Gebieten Kleinasiens im Kampf gegen die christlichen Völker eingedrungenen Haufen nicht, daß gerade sie, die überwiegenden islamischen Massen, Träger des „rechten Glaubens” sind und von der Gottheit „begünstigt” werden? Derartige, von der damaligen zeitgenössischen Literatur bezeugte Zweifel (180) bewegten viele Menschen und erleichterten, natürlich, den freiwilligen Übertritt zum mohammedanischen Glauben.

 

Die Abwehr gegen die Invasoren mußte, in Anbetracht der in der christlichen Gesellschaft ausgebrochenen Krise, nicht nur mit Waffengewalt, sondern auch auf dem Gebiet des geistigen Lebens geführt werden. Daher erschienen zahlreiche polemische Werke gegen den mohammedanischen Glauben (181). Die neuen Apologeten des Christentums, die gleichzeitig die politische Unabhängigkeit der bedrohten griechisch-orthodoxen Völker verteidigten, richteten ihren Blick, natürlich, auch auf das heidnische Altertum. Und dieses Interesse sprengte die Grenzen der Kultur. Aus der heidnischen Welt der Antike wurden damals jene Namen von Dichtern und Denkern hervorgeholt, die man als Propheten und Verteidiger des christlichen Glaubens vorstellte. Ihre Gestalten erschienen in der Kirchenmalerei neben den bekannten, tief verehrten christlichen Heiligen und Märtyrern. Diesen neuen Verteidigern des Christentums wurden Prophezeiungen zugeschrieben, die namentlich unbekannte Apologeten des christlichen Glaubens und Verehrer der heidnischen Antike bereits vor langer Zeit verfaßt hatten. Die Ideenkrise der griechisch-orthodoxen christlichen Gesellschaft dauerte auch nach der Eroberung der Gebiete des zerschlagenen Byzantinischen Kaiserreichs durch die Türken, d. h. in der Zeit vom 15. bis 17. Jahrhundert an. Es bestand keine Staatsmacht mehr, die den Kampf gegen den siegreichen Islam im Bereich des besonders stark bedrohten Glaubens fortsetzen konnte. Die Kirche übernahm den Kampf und die Verteidigung, zog dazu einige der berühmtesten Persönlichkeiten der heidnischen Antike heran und präsentierte sie durch Bild und Wort als Verkünder und Verteidiger des Christentums, d. h. der vom Islam bedrohten Völker der byzantinisch-slavischen Welt.

 

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108. Über Kaiser Julian den Abtrünnigen und seine Religionspolitik s. J. BIDEZ, La vie de l'empereur Julien. Paris 1930. — Julian der Abtrünnige. München 1940.

 

109. Zugängliche kritische Ausgabe: ST. BASILE, Aux jeunes gens sur la manière de tirer profit des lettres helléniques. Texte établi et traduit par F. Boulanger. Paris 1935.

 

110. SOZOMENOS, Kirchengeschichte. Ed. J. Bidez — G. Chr. Hausen. Berlin 1960: VIII, 2, 2: S. 349, 22—350, 4.

 

111. s. DUJČEV, Heidnische Philosophen und Schriftsteller, S. 11, n. 9, mit ausführlichen bibliographischen Hinweisen.

 

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112. Zugängliche Ausgabe in bulgarischer Übersetzung: MITROPOLIT SYMEON, Pismata na Teofilakta Ohridski, archiepiskop bălgarski. Sbornik BAN, XXVII. 1931.

 

113. S., z. B., NICETAE CHONIATES, Historia, rec., I. A. van Dieten. I. Berolini-Novi Eboraci 1975, S. 7, 8, 9, 10, 12, 43, 63, 90, 106 usw.

 

114. A. PERTUSI, Leonzio Pilato fra Petrarca e Boccaccio. Le sue versioni omeriche negli autografi di Venezia e la cultura greca del primo Umanesimo. Venezia-Roma (1964), S. 3 f.; vgl. DUJČEV, op. c., S. 10 f.

 

115. PERTUSI, op. c, S. 4 f.

 

116. PERTUSI, op. c., S. 161 f.: 'Le versioni omeriche di Leonzio Filato'.

 

117. E. NORDEN, Die antike Kunstprosa, vom VI. Jahrhundert v. Chr. bis in die Zeit der Renaissance. II. Leipzig 1898, S. 659.

 

118. NORDEN, op. c., S. 572. vgl. DUJČEV, op. t., S. 11 f. Vgl. E. R. CURTIUS, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern-München (1967), S. 77: „Griechisch ist die Weltsprache und die Welthildung. Griechisch wird auch die Kult- und Literatursprache des Christentums sein. Die großen Prediger des vierten Jahrhunderts, Basilius, Gregor von Nazianz und Johannes Chrysostomos sind Sophistenschüler gewesen”.

 

119. E. FERMENDŽIN, Acta Bulgariae ecclesiastica ab a. 1565 usque ad a. 1799. Zagrabiae 1887, S. 78: „. . .si trovano delle muraglie marmori et pietre grosse, sopra li quali sono intagliati imperatori Romani e lettere latine in diversi luoghi, ma quelli, che li havevano messe in quelle muraglie, li hanno rivoltate alla rovescia. Io credo che non intendevano le lettere latine, ovvero non si curavano delle cose antiche. . .”; bulgarische Übersetzung bei I.  DUJČEV, Opisanieto na Bălgarija ot 1640 g. na archiepiskopa Petăr Bogdan. In: Archiv za poselištni proučvanija, II, n. 2 (1940), S. 188.

 

120. B. FILOV, Geschichte der altbulgarischen Kunst bis zur Eroberung des bulgarischen Reiches durch die Türken. Berlin u. Leipzig, 1932, S. 5 f.

 

121. Zugängliche Ausgaben seiner Vita: A. TEODOROV-BALAN, Kyrill i Methodi. I. Sofia 1920, S. 29—80. — KLIMENT OHRIDSKI, Săbrani săčinenija. III. Prostranni žitija na Kyrill i Methodij. Sofia 1973, S. 89—141, mit Text und neubulgarischer Übersetzung.

 

122. BALAN. op. c., S. 32, 6—14.

 

123. I. DUJČEV, Medioevo bizantino-slavo. II. Saggi di storia letteraria. Roma 1968, S. 98 f. — Vgl. DUJČEV, Heidnische Philosophen und Schriftsteller, S. 12 f.

 

124. I. DUJČEV, Costantino Filosofo-Cirillo e Giovanni VII Grammatico. Zbornik radova XII (1970), S. 15—19.

 

125. Vgl. FR. GRIVEC, Konstantin und Method Lehrer der Slaven. Wiesbaden 1960, S. 37.

 

126. I. DUJČEV, Nestor in the Life of Constantine-Cyrill. Studia palaeoslovenica. Praha 1971, S. 73—76 ( — Mélanges J. Kurz)

 

127. MIGNE, P. Gr., XXXVII (1852) coll. 107—108 ep. LII.

 

128. Vgl. J. SCHMIDT, Nestor. PWRE, XVII (1937) col. 119.

 

129. FR. DVORNIK, Les légendes de Constantin et de Méthode vues de Byzance. Praha 1933 (= Académie International 1969), S. 1—84.

 

130. BALAN, op. c., S. 33, 10—16.

 

131. Einzelheiten s. bei DUJČEV, Medioevo bizantino-slavo, II, S. 91 f.

 

132. S. KLIMENT OHRIDSKI, op. c., S. 6 f.

 

133. FR. GRIVEC, Prvo oglavje žitija Metodija. Beličev Zbornik. Beograd 1937, S. 135—140. Vgl. DUJČEV, Heidnische Philosophen und Schriftsteller, S. 14, n. 30. Über Gregorios den Theologen s. auch den aufschlußreichen Aufsatz von V. G. PUCKO, Antičnye motivy v gomilijach Grigorija Nazianzin i ich otzvuki v vizaniijskoj illjustracii. Antičnost i Vizantija. Moskva 1975, S. 326—339

 

134. Zur allgemeinen Unterrichtung über das Leben und Schaffen des Jean Exarcha s. Hinweise bei I. DUJČEV, Estestvoznanieto v srednovekovna Bălgarija. Sbornik ot istoričeski izvori, S. 54 f. IDEM. Joan Exarch. In: Istorija na bălgarskata literatura, 1. Sofia 1962, S. 127 f.

 

135. JU. TRIFONOV, Joan Exarch Bălgarski i negovoto opisanie na čoveškoto tjalo. Zschr. Bălgarski Pregled, I. kn. 2 (1929), S. 165—202. Neubulgarische Übersetzung, altbulgurischer Text und Erläuterungen bei DUJČEV, Estestvoznanieto, S. 138—157.

 

136. MELETII MONACHI Tractatus de natura hominis. MIGNE, P. Gr., LXIV (1860) coll. 1075—1310. Vgl. A. LESKIEN, Der aristotelische Abschnitt in Hexaemeron des Exarchen Johannes. Festschrift V. Jagić. Berlin 1908. S. 97—111.

 

137. Altbulgarischer Text und neubulgarische Übersetzung bei DUJČEV, Estestvoznanieto, S. 104 f.

 

180

 

 

138. Zitat aus der Bibel: Genesis, I, 1.

 

139. Lohnenswert ist die sorgfältige Untersuchung des griechischen patristischen und byzantinischen Schrifttums bis zum 10. Jahrhundert, um die primären Quellen dieser Erwähnungen Johannes Exarcha zu entdecken.

 

140. Altbulgarischer Text und neubulgarische Übersetzung mit erklärenden Anmerkungen bei DUJČEV, op. c., S. 58—91.

 

141. Einzelheiten darüber bei V. N. ZLATARSKI, Istorija na bălgarskata dăržava prez srednite vekove, I. Teil 2 (1927), S. 278 f.

 

142. MGH, SS III (Hannover 1838), S, 309: LUITPRANDI Antaprdosis III, 29, 6 f.

 

143. DUJČEV, Klassisches Altertum, S. 350, n. 5.

 

144. Hinweise auf einige von Černorizec Chrabăr genutzte Quellen s. bei I. DUJČEV, Iz starata bălgarska knižnina. I. Knižovni i istoričeski pametnici ot părvoto bălgarsko carstvo. Sofia 1943, S. 203 f. Vgl. auch V. VELCEV, Kăm idejno-tvorčeskata problematika na „Skazanie o pismenach” na Černorizec Chrabăr. Izvestija na lnstituta za literatura, XI (1961), S. 1—30.

 

145. Altbulgarischer Text in den verschiedenen erhaltenen Abschriften, bei K. M. KUEV, Černorizec Chrabăr. Sofia 1967, S. 187—418; S. 56—71 mit guten Hinweisen auf die „izvorite na skazanieto”, eine Untersuchung, die, meines Erachtens, noch bereichert werden kann. Neubulgarische Übersetzung: DUJČEV, Iz starata bălgarska knižnina, S. 65—69.

 

146. Hinweise bei DUJČEV, op. c., S. 205 f. — KUEV, op. c., S. 57 f.

 

147. Vgl. DUJČEV, op. c., S. 209.

 

148. S. die Ausgabe von JORD. IVANOV, Žitija na sv. Ivan Rilski. GSU istoriko-filologičeski fakultet XXXII, 13 (1936), S. 38—51. — Andere Angaben über diese Vita: I. DUJČEV, Rilskijat svetec i negovata obitel. Sofia 1947, S. 54 f., 387 f.

 

149. s. DUJČEV, Estestvoznanieto, S. 516 f.

 

150. s. den gekürzten Text und die neubulgarische Übersetzung dieser Glosse: DUJČEV, Iz starata bălgarska knižnina. II. Knižovni i istoriceski pametnici ot vtoroto bălgarsko carstvo. Sofia 1944, S. XXVIII, 174—176, 390 f. Den vollständigen Text (mit Fehlern) dieser Glosse s. bei LJUBA STOJANOVIČ, Stari srpski zapisi i natpisi, III (Beograd 1905), S. 41—44 Nr. 4944.

 

151. Neubulgarische Übersetzung bei DUJČEV, op. c., S. 274 f.

 

152. Vgl. NORDEN, op. c., S. 662.

 

153. Die genauen chronologischen Daten seines Lebens sind unbekannt. Vermutlich, in er im ersten Drittel des 11. Jhs. irgendwo in den süditalischen Gebieten geboren, hat seine Jugend auf Sizilien verbracht und sich später nach Konstantinopel begeben, er nach 1082 gestorben ist.

 

154. Über das Leben und Schaffen des Johannes Italos vor allem: IOANNIS ITALI Opera. Textum graecum secundum collationem a GREGORIO CERETELI confectam, edidit et praefatione istruxit N. Letschakmadze. Tbilisi 1966. — I. DUJČEV, L'umanesimo di Giovanni Italo. In: Medioevo bizantino-slavo, I (Roma 1965), S. 321—326. — IDEM Riflessi della religiosità italo-greca nel mondo slavo ortodosso. In: La Chiesa greca in Italia dall' VII al XVI secolo. Padova 1973, S. 185 f. P. STEPHANOU, Jean Italos philosophe et humaniste. Roma 1949.

 

155. V. GRUMEL, Les regestes des actes du Patriarcat de Constantinople. I. Les actes des patriarches. III. Regestes de 1043 à 1206. Socii Assumptionistae 1947, nrr. 923— 927, 907.

 

156. J. GOUILLARD, Le Synodicon de l’Orthodoxie. Edition et commentaire. In: Travaux et mémoires, II (Paris 1967), S. 57 f. vgl. F. I. USPENSKIJ, Sinodik v nedelju pravoslavija. Svodnyj tekst s priloženijami. Odesa 1893, S. 14 f.

 

157. M. G. POPRUŽENKO, Sinodik carja Borila. Sofia 1928. S. 32 f.

 

158. POPRUŽENKO, op. c., S. 36 § 32; S. 32 § 27.

 

159. POPRUŽENKO, op. c., S. 32 § 28.

 

160. POPRUŽENKO, op. c., S. 34 § 30.

 

161. Vgl. NORDEN, op. c., S. 464 f. — DUJČEV, Heidnische Philosophen, S. 16, nn. 27—39.

 

162. Vgl. J. DANIELOU, Sacramentum futuri. Etudes sur les origines de la typologie biblique. Paris 1950; IDEM, Bible et liturgie. La théologie biblique des Sacrements et les fêtes d'après les Pères de l’Eglise. Paris 1951. — I. DUJČEV, L'interprétation typologique et les discussions entre hérétique et orthodoxes des Balkans (Darin Anm. 10).

 

163. CLEMENT D'ALEXANDRIE, Les Stromates, I. Ed. Cl. Mondésert—M. Caster. Paris 1954, S. 72 f. — Vgl. DUJČEV, Heidnische Philosophen, S. 17 f. mit anderen bibliographischen Hinweisen. Die Ansicht vom biblischen Ursprung der antiken griechischen Weisheit äußert auch Johannes von Damaskos: s. B. KOTTER, Die Schriften des Johannes von Damaskos. II. Expositio fidei. Berlin— New York 1973, Kap. 33: S. 86, 5 f.

 

182

 

 

164. CLEMENT D'ALEXANDRIE, op. c., II, p. 152 f.

 

165. CLEMENT D'ALEXANDRIE, op. c., II, S. 971, 104 f., 126 f.

 

166. CLEMENT D'ALEXANDRIE, op. c., S. 153, 164 f., 173 f.

 

167. B. ALTANER, A. STUIBER, Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter. Siebente, völlig neubearbeitete Auflage. Freiburg, Basel, Wien 1966. S. 197—209, passim. Vgl. H. HUNGER, Reich der neuen Mitte. Der christliche Geist der byzantinischen Kultur. Verlag Styria (1965), S. 306 f. — DUJČEV, Heidnische Philosophen, S. 18 f.

 

168. ALTANER, STUIBER, op. c, S. 339—341, passim. — THEODORETI Graecarum affectionum curatio ad CODICES optimos denuo collatos. Ed. J. Raeder. Leipzig 1904. — TEODORETO, Terapia dei Morbi pagani. Ed. N. FESTA, vol. I (libri I—VI). Firenze 1931. vgl. DUJČEV, op. c., S. 18—19.

 

169. Hinweise hier in den Anm. 66—69.

 

170. H. ERBSE, Fragmente griechischer Theosophien, In: Hamburger Arbeiten zur Altertumswissenschaft. Bd. 4 (Hamburg 1941). — Vgl. F. D(ÖLGER): Byz. Zeitschrift, XLI/2 (1942), S. 503—504.

 

171. ERBSE, op. c., S. 168 § 7; vgl. S. 177 § 44; S. 176 § 40; S. 204 § 3—4; § 11; S. 211 § 7; S. 217 § 6; S. 218 § 5; S. 221 § 5. Vgl. DUJČEV, op. c., S. 19—21.

 

172. M. N. SPERANSKIJ, Perevodnye sborniki izrečenija v slavjanoruskoj pismennosti. Issledovanija i teksty. Moskva 1904. S. 103—104. Anlage. — P. POPOVIČ, Konstantin Filosof i izreke 'mudrich Ielina'. Anlagen, XVI (1936), S. 320. — I. DUJČEV, Konstantin Filosof i „predskazanijata na mădrite elini”. Zbornik radova, IV (1956), S. 149—155. — KAZAKOVA, „Proročestva ellinskich mudrecov” (s. hier Anm. 100). — MEDAKOVIČ, Pretstave antičnich filosofa (hier Anm. 71).

 

173. Über ihn s. Hinweise: DUJČEV, Estestvoznanieto v srednovekovna Bălgarija, S. 240 f. — K. KUEV, Konstantin Kostenečki. In: Istorija na bălgarskata literatura, I (Sofia 1962), S. 315 f.

 

174. Hinweise s. bei DUJČEV, Estestvoznanieto, S. 342 f.

 

175. Neubulgarische Übersetzung und Original: DUJČEV, op. c., S. 244 f.

 

176. S. SPERANSKIJ, op. c., S. 103 f. der „Priloženija” (Anlagen).

 

177. Ausführliche Angaben über diese Übersetzung mit Bibliographie s. bei I. DUJČEV, Odno nejasnoe mesto v drevnerusskom perevode Josifa Flavija. In: Trudy Otdela drevnerusskoj literatury. XVI (1960), S. 415—423.

 

178. Ausführliches darüber s. bei I. DUJČEV, Die Krise der spätbyzantinischen Gesellschaft und die türkische Eroberung des 14. Jahrhunderts. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. N. F., 21. H. 4 (1973), S. 481—492.

 

179. Vgl. I. DUJČEV, Medioevo bizantino-slavo, II, S. 253—261, 609 f.

 

180. I. DUJČEV, Contribution à l'histoire de la conquête turque en Thrace aux dernières décades du XIVe siècle. Etudes Balkaniques, IX, Nr. 2 (1973), S. 80—92; IDEM., Bălgarskoto srednovekovie. Proučvanija vărchu političeskata i kulturna istorija na srednovekovna Bălgarija. Sofia 1972, S. 567 f.

 

181. Bibliographische Hinweise s. I. DUJČEV, Die Krise, S. 491, n. 70.